Punkt 21:30 Uhr erklärte Versammlungsleiterin Manuela Eschert im Kreuzungsbereich Erkrather Straße/Kölner Straße die 16., von Melanie Dittmer angemeldete DÜGIDA-Aktion als beendet. Gekommen waren gerade einmal um die 60 DÜGIDA-Fans, beim Start der zweiten DÜGIDA-Demonstrationsstaffel am 18. September waren es noch um die 140 gewesen. Zahlenmäßig war die Aktion damit wieder ungefähr dort angekommen, wo die erste Staffel Ende April endete – trotz Verlegung der Aktionen von montags auf freitags, nicht zuletzt, um nicht mit den montäglichen PEGIDA-Demonstrationen in Duisburg zu konkurrieren.
„Wir werden immer mehr“?
Von einem Misserfolg zu sprechen, davon war Dittmer allerdings meilenweit entfernt. „Wir werden immer mehr“, verkündete sie, nachdem sie das Mikro von René Müller von der „Identitären Aktion Aachen“ übernommen hatte, der gegen alle Hürden der Lautsprechertechnik die Aktion eröffnet und die polizeilichen Auflagen verkündet hatte. „Viele Bürgerliche“ vermochte die Anmelderin innerhalb der kleinen Schar zu erkennen, die sich aus den hinlänglich bekannten DÜGIDA-Fans zusammensetzte, u.a. einer Handvoll niederrheinischer „Nationaldemokraten“ bzw. „Junger Nationaldemokraten“, noch weniger ihrer „Kameraden“ aus Düsseldorf und Duisburg, ein paar „pro NRW“-ParteigängerInnen – unter ihnen einmal mehr das Remscheider Ratsmitglied Thorsten Pohl aus Düsseldorf –, wenigen Möchtegernhools, mehreren Cliquen parteimäßig nicht gebundener rechter Gerstensaftfans sowie einigen wenigen UnterstützerInnen aus dem Kreis der Duisburger PEGIDA-Demonstrationen. „Bürgerliche“, das sind in Dittmers Augen „bürgerlich“ gekleidete, nicht sichtbar alkoholisierte und nicht halstätowierte Menschen jenseits der 40-Jahre-Grenze, die sich den „Antifa-Hurensöhne“-Chören nicht anschließen. So welche wie Kurt Schöfisch von der Düsseldorfer NPD zum Beispiel. Oder der erst kürzlich in erster Instanz wegen Beleidigung zu einer hohen Geldstrafe verurteilte, frühere DÜGIDA-Redner Wolfgang Sturm.
Aber Dittmer sah dann offenbar doch noch die Notwendigkeit zu erklären, wieso es nicht mehr geworden waren. „Die Antifa“ habe Fehlinformationen über den Ort bzw. das Stattfinden der Aktion gestreut, Facebook-Accounts seien gelöscht worden und vieles Böse mehr. Hinzu käme die Zwangsverlegung der Demonstration vom Hauptbahnhofsvorplatz zum einige hundert Meter von dort entfernten Worringer Platz, wobei sie unerwähnt ließ, dass dieses Problem selbst verursacht war, da der
Hauptbahnhofsvorplatz nicht früh genug angemeldet worden und damit an das Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ verloren gegangen war. Schuld sei auch die Polizei, die DÜGIDA wie „Kriminelle“ behandeln würde und in eine Ecke des Worringer Platzes abgeschoben sowie abgeschottet von der interessierten Öffentlichkeit in einen „Kessel“ aus Polizei-Transporter gepackt habe, so dass auch einige teilnahmewillige Personen nicht hätten zur DÜGIDA-Demonstration vordringen können. Und deshalb würde sie, so Dittmer – quasi als „Warnung“ vor Wiederholung – fünf weitere DÜGIDA-Demonstrationen anmelden. Später kamen noch einmal fünf angekündigte Neuanmeldungen hinzu, da die Polizei nicht angemessen auf eine von ihr gestellte Strafanzeige wegen Beleidigung durch einen Gegendemonstranten reagiert habe. Also zehn weitere Aktionen, Details seien im Internet zu erfahren. Die Polizei werde sie „noch kennenlernen“ und den „Tag verfluchen, an dem sie ihre Arbeit nicht anständig gemacht“ habe. Ihr mache es ohnehin „Spaß“, Aktionen zu organisieren, wenn nötig bis zu ihrem „letztem Atemzug“. Selbst, wenn „nur fünf Leute“ teilnehmen würden.
Rednerinnen und Ablauf
Hauptrednerin an diesem Abend war neben Dittmer Manuela Eschert, offenbar waren keine prominenteren und begabteren RednerInnen auftreibbar. Sie begnügte sich mit dem Verlesen eines DÜGIDA-Positionspapiers und der Zweitverwertung ihrer zuvor schon in Magdeburg gehaltenen Rede. Offenbar zählt sie zwischenzeitlich zum festen Stamm des DÜGIDA-Orga-Teams, dessen erweitertem Kreis auch der stets anwesende Lautsprecherwagenfahrer Dominik Lüth aus Stolberg angehören dürfte. Als Ordner betätigten sich Müller und ein weiterer Aktivist der „Identitären Aktion“.
Gegen 20:05 Uhr setzte sich die Demonstration dann „wir wollen keine Salafistenschweine“ – und nach Intervention Dittmers aufgrund drohender Strafanzeigen „wir wollen keine Dschihadistenschweine“ – skandierend in Bewegung, um 600 Meter über die Kölner Straße bis kurz vor den Oberbilker Markt zu ziehen – und dann wieder zurück. Dennoch wurden für die 1,2 Kilometer 70 Minuten benötigt. Mehrmals stoppte der Demonstrationszug, um Strafanzeigen gegen einige AnwohnerInnen zu stellen, die aus Häusern an der Route durch Zurufe und Gestik unmissverständlich deutlich gemacht hatten, was sie von den DÜGIDA-DemonstrationsteilnehmerInnen hielten. Diese „Ich möchte Anzeige erstatten“-Strategie ist zwar schon länger aus DÜGIDA-Kreisen bekannt, wird aber immer intensiver betrieben. So intensiv, dass allzu emsige Hilfssheriffs, wie Frank Borgmann von den „Aktiven Patrioten“ – stets mit Videokamera ausgestattet –, hierbei von der Polizei als zu nervig empfunden werden und zumeist auf „Gehen Sie hier mal weg“-Granit beißen.
So wollte Borgmann beispielsweise die spontane Gegendemonstration anzeigen, die sich über die Erkrather Straße dem Worringer Platz näherte. Auf Interesse stieß er hierbei jedoch nicht. Zurück am Worringer Platz kostete Dittmer jede noch bis zum Ablauf der angemeldeten Versammlung um 21.30 Uhr verbliebene Minute aus, um sich zu profilieren und zudem Tipps für den Protestalltag zu verkünden.
Sprühkreide sei zu empfehlen, da deren Nutzung im öffentlichen Raum keine Sachbeschädigung darstelle. Und auch der Kauf eines Megafons sei eine sinnvolle Investition. Die Aktion endete mit dem Appell, sich besser zu vernetzen, telefonisch, via E-Mail und Whatsapp-Gruppen, um Störeffekten besser begegnen und neue Leute einbinden zu können.
Nächster DÜGIDA-Termin sei am 16. Oktober um 19:00 Uhr, dieses Mal wieder vor dem Hauptbahnhof.
Was bleibt?
Unabhängig von den zukünftigen TeilnehmerInnenzahlen und der doch eher bescheidenen politischen Ausstrahlungskraft ist damit zu rechnen, dass auch die zweite DÜGIDA-Demonstrationsstaffel Monate anhalten wird. Dabei hängt weiterhin nahezu alles an der Person Dittmer, die ihren alleinigen Führungsanspruch immer wieder zur Schau stellt, der ihr aber auch niemand streitig macht. Sie möchte Geschichte schreiben beim Kampf „für Deutschland“, für „Gerechtigkeit und Freiheit“, für – so ihre Lieblingsparole in „nationalrevolutionärer“ NS-Diktion – „Europa, Jugend, Revolution“ und alle bestrafen, die sich ihr in den Weg stellen.
Dittmer hat einen Auftrag – und aus ihrer Sicht ausreichend JüngerInnen, die ihr folgen.