„DÜGIDA“ will in die fünfte Runde gehen – „KÖGIDA“ gibt auf

Am Montagabend fanden sich zum dritten Mal in Folge xenophobe und rassistische Demonstrant*innen zu einem von Melanie Dittmer organisierten „Spaziergang“ in der Landeshauptstadt ein, dieses Mal waren es um die 100. Die Teilnahme an den „DÜGIDA – Düsseldorf gegen die Islamisierung des Abendlandes“-Demonstrationen sank damit seit dem 8. Dezember von „Spaziergang“ zu „Spaziergang“.

DÜGIDA durfte am 26. Januar weiter als bisher „spazieren“, dafür wurde auf eine Zwischenkundgebung verzichtet. Vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht bekam die Anmelderin grünes Licht, für den Auftakt den Kreuzungsbereich Konrad-Adenauer-Platz/Friedrich-Ebert-Straße zu nutzen. Die Länge des Zugwegs erstreckte sich bis zum Graf-Adolf-Platz, und von dort aus zurück zum Ausgangspunkt.1
Dagegen protestierten bis zu 1.000 Antirassist*innen und Antifaschist*innen an mehreren Stellen des rechten Aufzuges. Eine Gruppe von Fahrradfahrer*innen schaffte es z.B., auf die Demo-Route der Rechten zu gelangen und konnte dort laut und sichtbar ihren Protest zum Ausdruck bringen. Die Polizei war wie in den Vorwochen mit mehr als 1.000 Beamt*innen im Einsatz.

Rechte Straftaten aus dem „besorgten Bürgertum“

Die Polizei nahm am 26. Januar zwei DÜGIDA-Anhänger wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorläufig fest. Nach Polizeiangaben hatte einer den „Hitlergruß“ gezeigt und ein weiterer das verbotene „Horst-Wessel-Lied“ gesungen. Gegen beide Männer wurden Strafverfahren eingeleitet. Bereits am 19. Januar nahmen Polizist*innen sieben potenzielle DÜGIDA-Demonstrationsteilnehmer*innen vorübergehend in Gewahrsam, weil sie verbotene Gegenstände (Teleskopschlagstock und präparierte Handschuhe) mit sich führten. Wegen Verstößen gegen das Waffengesetz und das Versammlungsgesetz wurden Anzeigen angefertigt.2

Morddrohung gegen Rechtsanwältin

Nach übereinstimmenden Medienberichten erhielt eine Düsseldorfer Rechtsanwältin – die regelmäßig und gemeinsam mit weiteren Personen vom Balkon ihrer Kanzlei lautstark und ausdauernd gegen den rechten Aufzug protestiert – indirekte Morddrohungen.3 4 Die türkische Anwältin hatte sich in der vergangenen Woche zudem im Auftrag der Gewerbetreibenden an der Graf-Adolf-Straße, Karlstraße und Bismarckstraße mit einem Offenen Brief an Stadt und Polizei gewandt, um eine Verlegung der DÜGIDA-Route zu fordern.5 Zudem positionierte sie sich gegen Rassismus.
Von ihrem Balkon – so DÜGIDA – soll eine Frau am 12. Januar einen Becher mit Flüssigkeit in Richtung der Veranstaltung gekippt haben, in sozialen Netzwerken wurden Fotos präsentiert. Daraufhin folgte ein rassistischer Shitstorm u.a. mit Drohungen. Einer Zeitungsangabe zufolge seien zudem Aufbruchsspuren an der Haustür festgestellt worden. Die Anwältin erstattet Anzeige. Es läuft ein Ermittlungsverfahren.
DÜGIDA machte am 26. Januar provokativ vor dem Haus einen Zwischenstopp.

DÜGIDA gegen „Amerikanisierung“

Neben rassistischen Inhalten und dem Hochhalten einer „Nationalen Identität“ und „Abendlandskultur“ wurden auf den DÜGIDA-Veranstaltungen mehrmals auch antiamerikanische Inhalte propagiert. Melanie Dittmer beispielsweise hielt eine Rede, in der sie die vermeintliche Islamisierung als „Symptom einer gesamten Krankheit“ bezeichnete: „Eigentlich müssten wir gegen die Veramerikanisierung demonstrieren“, schlussfolgerte sie, und erhielt dafür lauten Beifall aus ihrem Publikum. Parolen wie „Schluss mit der Besatzungsmacht“ und „Ami go home“ wurden daraufhin frenetisch im Sprechchor gerufen. Desweiteren kritisierte sie eine angebliche „Umerziehung seit 1945“ durch die Amerikaner und betrieb völkische „Kapitalismuskritik“.

Das State Department hat kürzlich US-Bürger*innen in einer Reisewarnung für Deutschland auf mögliche Gefahren im Zusammenhang mit „PEGIDA – Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“-Demonstrationen hingewiesen. Amerikaner*innen sollten wegen der angekündigten PEGIDA-Proteste in mehreren deutschen Städten größere Menschenmengen meiden und besonders vorsichtig sein, hieß es in einer am Montag herausgegebenen Mitteilung.6 Konkret wurden geplante Veranstaltungen in Berlin, Frankfurt, München, Dresden, Leipzig und Köln in den kommenden Wochen sowie eine Kundgebung in Düsseldorf am Rosenmontag (16. Februar) erwähnt.

Extrem rechte „Montagsdemos“ bis Dezember?

DÜGIDA hat angekündigt, die sogenannten „Abendspaziergänge“ jeden Montag bis Dezember durchführen zu wollen. Nächster Termin ist der 2. Februar, die Teilnehmer*innen sollen sich ab 18.30 Uhr „direkt am HBF in Düsseldorf“ sammeln, um 19.00 Uhr soll es losgehen.
Gerne und oft wurde von der „pro NRW“-Funktionärin behauptet, es handele sich bei DÜGIDA-Demos um „überparteiliche“ Veranstaltungen aus „der Mitte“. Die bisherigen Aufzüge wurden jedoch eindeutig vom Rechtsaußen-Spektrum dominiert. Insbesondere Funktionsträger*innen der extrem rechten „Bürgerbewegung pro NRW“ haben hierbei ihre rassistischen Ansichten verbreitet, die weitgehend der Politik ihrer Partei entsprechen. Seit mehreren Wochen versammeln sich zudem Funktionär*innen und Mitglieder der NPD (z.B. KV Düsseldorf/Mettmann und Krefeld/Kleve), Anhänger*innen der neurechten „Identitären Bewegung“, der rassistischen „German Defence League“, ebenso wie rechte Hooligans und Neonazis aus dem Spektrum der „Freien Kameradschaften“. Sprechchöre wie die auf Neonazi-Aufmärschen beliebte Parole „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ verdeutlichen den Charakter der „patriotischen“ Veranstaltungen. Desweiteren bieten die montäglichen Demonstrationen Raum für Anhänger*innen von Verschwörungstheorien und für fundamentalistische Christ*innen.

„Private“ Rechtsaußen-Veranstaltung unter freiem Himmel

Auf Nachfrage des WDR erklärte die regelmäßig an den DÜGIDA-Demos teilnehmende Ariane Meise – NPD-Bundesvorstandsmitglied und stellvertretende NRW-Landesvorsitzende der NPD -, dass sie als Privatperson vor Ort sein. Das Gleiche war auch von den „Pro NRW“-Parteivorstandsmitgliedern Dominik Roeseler und Melanie Dittmer zu hören. Zurecht wies der WDR in seinem Beitrag darauf hin, dass sowohl NPD als auch „Pro NRW“ die DÜGIDA-Demos im Internet bewerben und offen unterstützen.8 Zudem besteht das DÜGIDA-Orgateam nahezu komplett aus „Pro NRW“-Akteur*innen. Lediglich die Parteifahnen lässt man zuhause – im Gegensatz zur parteieigenen Lautsprecheranlage.

Rückzug aus Köln, Rosenmontag-Absage in Duisburg

Melanie Dittmer, die auch für die wöchentlichen Kölner KÖGIDA-Demos verantwortlich ist, soll einer Lokalpressemeldung zufolge mitgeteilt haben, dass keine weiteren Veranstaltungen in Köln geplant seien. Stattdessen wolle sich das „Organisationsteam“ in Zukunft auf Demonstrationen in Düsseldorf konzentrieren.7 KÖGIDA hatte bereits die gestrige Veranstaltung „aus Krankheitsgründen“ abgesagt. Ihre Begründung für den Rückzug aus Köln sei die zu hohe Belastung für die Demonstrationsteilnehmer*innen. So seien viele Unterstützer*innen in den vergangenen Wochen jeweils montags in Düsseldorf und mittwochs in Köln auf die Straße gegangen. Dieses Pensum ließe sich künftig nicht fortführen, heißt es weiter. Auf die Frage, warum sich die künftigen Demonstrationen auf Düsseldorf (und nicht Köln) konzentrieren würden, habe sie auf den besonderen Status von Düsseldorf als Landeshauptstadt hingewiesen sowie auf die bessere Erreichbarkeit für aus dem Ruhrgebiet Anreisende.
PEGIDA NRW hält indes an den Montagsdemos in Duisburg fest, hat aber bereits für Rosenmontag abgesagt.9 Sollte sich DÜGIDA also bis Rosenmontag halten können, ist damit zu rechnen, dass ein Teil der bisherigen PEGIDA-Demonstrant*innen, insbesondere NPD- und „Die Rechte“-Aktivist*innen nach Düsseldorf ausweichen werden.

It’s just another manic monday

Erneut wird es am kommenden Montag antirassistische und antifaschistische Proteste geben.
Nähere Informationen dazu gibt es auf der Website des Bündnisses ‚Düsseldorf stellt sich quer‚ und in Kürze auch als Update dieses Beitrags.
Darüber hinaus finden sich News auf ‚Twitter‘ unter dem Hashtag #nodügida

Update:
Das Bündnis Düsseldorf stellt sich quer ruft ein weiteres Mal unter dem Titel „Rollen gegen rechts – auf der Route der Neonazis von Dügida. Episode 2“ zu einer Protestfahrt auf:

Wir treffen uns diesmal um 17:30 mit Fahrrädern, Inline-Skates, Rollbrettern und allem, was sonst noch Räder hat im Bereich Graf-Adolf-Straße/Berliner Allee und machen VOR dem Naziaufmarsch eine Protestfahrt auf ihrer Route.

Updates – 30. Januar:

Proteste direkt an der *Route von DÜGIDA am 2. Februar:

  • 18:00 Uhr Proteste gegen die Auftaktkundgebung von DÜGIDA, direkt vor dem Hauptbahnhof (Ausgang Konrad-Adenauer-Platz)
  • 18:00 Uhr Protestkundgebung auf der Friedrich-Ebert-Straße 34 – 38 (DGB-Haus)
  • 18:00 Uhr Protestkundgebung Bahnstraße Ecke Graf-Adolf-Straße
  • 18:30 Uhr Protestkundgebung Königsallee Ecke Graf-Adolf-Straße
  • 19:00 Uhr Protestkundgebung Mintropstraße Ecke Stresemannplatz
  • * Voraussichtlicher Verlauf der DÜGIDA-Demonstration am 2. Februar:
    18:30 Uhr/19 Uhr Ansammlung im Kreuzungsbereich Konrad-Adenauer-Platz/Friedrich-Ebert-Straße (gegenüber Düsseldorf Hbf)
    Der Aufzug soll gegen 19:30 Uhr vom Sammelpunkt ein kurzes Stück über die Friedrich-Ebert-Straße entlang laufen, links in die Karlstraße einbiegen, von dort über den Stresemannplatz und die Graf-Adolf-Straße bis hin zum Graf-Adolf-Platz ziehen. Von dort soll es auf dem gleichen Weg zurück zum Konrad-Adenauer-Platz gehen.

    Die Stattzeitung Terz widmet sich in ihrer Februar-Ausgabe mit einer Chronik dem Thema „DÜGIDA“.

    1. 1 http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/duegida-organisatorin-setzt-demo-weg-vor-gericht-durch-aid-1.4828059 [zurück]
    2. 2 http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/mehr-straftaten-bei-duegida-demo-aid-1.4830898 [zurück]
    3. 3 Drohungen gegen türkische Rechtsanwältin: WDR Lokalzeit aus Düsseldorf vom 27.01.2015 http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit/lokalzeit-aus-duesseldorf/videodrohungengegentuerkischerechtsanwaeltin100_size-L.html?autostart=true#banner [zurück]
    4. 4 Erster Beitrag der RTL West Sendung vom 27.01.2015 http://www.rtl-west.de/livestream/sendung/2015-01-27/PGM2701/ [zurück]
    5. 5 http://www.neue-duesseldorfer-online-zeitung.de/politik/geschaeftsleute-an-der-graf-adolf-strasse-gegen-nazi-parolen/ [zurück]
    6. 6 https://www.osac.gov/pages/ContentReportDetails.aspx?cid=16965 [zurück]
    7. 7 http://www.koeln.de/koeln/koegida-gibt-auf_909892.html [zurück]
    8. 8 „Dügida“ und die Rechten: WDR Lokalzeit aus Düsseldorf vom 27.01.2015 http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit/lokalzeit-aus-duesseldorf/videoduegidaunddierechten100_size-L.html?autostart=true#banner [zurück]
    9. 9 http://www.derwesten.de/staedte/duisburg/pegida-protest-faellt-rosenmontag-in-duisburg-aus-id10283032.html [zurück]
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