Erneut Proteste gegen Corona-Maßnahmen mit extrem rechter Beteiligung

Vom 16. bis 20. Dezember 2021 fanden in Düsseldorf weitere Versammlungen statt, die von verschiedenen rechts-offenen bis extrem rechten Akteur*innen organisiert wurden:

  • 1. Donnerstag, 16. Dezember 2021: Kundgebung am Landtag NRW
  • 2. Samstag, 18. Dezember 2021: Kundgebung auf dem Johannes Rau-Platz mit anschließendem Demozug
  • 3. Montag, 20. Dezember 2021: „Montagsdemo“

Im folgenden Bericht werden die einzelnen Versammlungen kurz dargestellt, die Zusammenhänge zwischen ihnen aufgezeigt und auf aktuelle Entwicklungen hingewiesen.

16. Dezember 2021: Kundgebung am Landtag NRW

Am Vormittag des 16. Dezember 2021 versammelten sich rund 80 Personen vor dem Landtag zu einer stationären Kundgebung, die von der „Lukreta“-Initiatorin Reinhild Boßdorf (Rhein-Sieg-Kreis) geleitet wurde. Unterstützung erhielt Reinhild von ihrer Mutter Irmhild und ihrer Schwester Gertrud, die beide ebenfalls in der extremen Rechten aktiv sind. Die in den Aufrufen genannte Initiative „Bürger für echte Kinderrechte“ wurde anscheinend eigens für diese Kundgebung gegründet. Die Versammlung, die sich gegen den vermeintlichen Impfzwang von Kindern richtete, war geprägt von Teilnehmer*innen der extrem rechten „Identitären Bewegung“ und der AfD sowie deren Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA). Inhaltlich wurde die von dem Krankheitserreger SARS-CoV-2 ausgehende Gefahr von allen Redner*innen systematisch heruntergespielt. Die zugelassenen Schutzimpfungen hingegen wurden mit diffusen Erklärungen als die größere Gefahr dargestellt. Von dem extrem rechten Blogger Miró Wolsfeld wurde behauptet, dass Uğur Şahin, Mitbegründer und Vorstandsmitglied des Unternehmens BioNTech, mit seinem Impfstoff bewusst „über Leichen“ gehe und dafür auch Kinder opfere.
Unter den Teilnehmer*innen auf der Wiese vor dem Landtagsgebäude waren u.a. der Bundesvorsitzende der „Jungen Alternative“ Carlo Clemens, die Vorstandsmitglieder der JA-NRW Patrick Heinz und Zacharias Schalley, die AfD-Landtagsabgeordnete Iris Dworeck-Danielowski, der extrem rechte YouTuber Feroz Khan aus Dresden, die neurechte Influencerin Freya Honold, Maximilian Schmitz von der „Alten Halleschen Burschenschaft Rhenania-Salingia zu Düsseldorf“ sowie bekannte Neonazis und Pandemieleugner*innen wie Frank Kraemer (Rhein-Sieg-Kreis) von der RechtsRock-Band „Stahlgewitter“ und der Düsseldorfer „QAnon“-Fan Frank Boden.
Teile dieses Spektrums dominierten dann auch zeitweise die nächste Versammlung am 18. Dezember 2021.
Foto: © r-press
Kundgebung von "Lukreta" und "Bürger für echte Kinderrechte" am 16. Dezember 2021 vor dem nordrhein-westfälischen Landtag

18. Dezember 2021: Kundgebung auf dem Johannes Rau-Platz mit anschließendem Demozug

In der zweiten Woche in Folge fand am Samstag, den 18. Dezember 2021, eine Großdemonstration rechts offener bis extrem rechter Pandemieleugner*innen, Corona-Maßnahmen- und Impfgegner*innen in Düsseldorf statt. Erneut wurde die Versammlung von Ingo Marks angemeldet, der sich seit Jahren in verschiedenen Milieus der extremen Rechten bewegt. Mit zu den Organisator*innen gehörte auch die Mönchengladbacher „dieBasis“-Funktionärin Mona Aranea.
Beide waren im „Querdenken 211“-Zusammenhang aktiv, haben aber auf der Demo am 11. Dezember 2021 bekannt gegeben, jetzt unter dem neuen Namen „APO Düsseldorf“ aufzutreten.
Für die Demonstration wurde mit mehreren Mottos und sharepics geworben, die sich gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, -Impfungen und eine „gesellschaftliche Spaltung“ richteten, als deren Opfer die Veranstalter*innen sich sehen. Durch verschiedene Gestaltungen und Slogans sollten sich unterschiedliche Personenkreise angesprochen fühlen. Obwohl die Versammlung für 1.000 Teilnehmer*innen angemeldet war, zählten Beobachter*innen auf dem Höhepunkt des Versammlungsgeschehens etwa 4.000 Menschen. Vom Ort der Auftaktkundgebung am Johannes-Rau-Platz lief ein längerer Demozug durch die Altstadt, Carlstadt, Unterbilk und Innenstadt und kehrte anschließend zum ursprünglichen Versammlungsort zurück. Wie bei den vergangenen Aufzügen unterließen die Demo-Teilnehmer*innen erneut das Tragen von Mund-Nasen-Schutzmasken und die Einhaltung von Mindestabständen. Erneut zeigte die Polizei wenig Interesse an einer Durchsetzung von Versammlungsauflagen.

Extrem rechter Demoblock, unter anderem mit „Identitärer Bewegung“ und AfD
Die organisierte extreme Rechte war dieses Mal mit einem eigenen Block auf der Demonstration vertreten, der sich durch nationalistische Parolen, mehr als ein Dutzend Deutschland-Fahnen sowie ein Frontbanner der „Revolte Rheinland“ abhob. Bereits am 27. November 2021 waren bei einer ähnlichen Demonstration in Düsseldorf fünf Männer als „Revolte Rheinland“ mit einem Banner präsent. Zu der seit November auftretenden Gruppe zählt der einst bei der NPD aktive und als „Gewalttäter Rechts“ eingestufte Benjamin Stein, der später für den rheinland-pfälzischen AfD-Landtagskandidaten Michael Frisch arbeitete.1

Banner der Gruppe "Revolte Rheinland" auf Demo gegen Corona-Schutzmaßnahmen am 18. Dezember 2021 in Düsseldorf

Neben Akteur*innen der „Revolte Rheinland“ nahmen am extrem rechten Block JA-Aktivist*innen und -Funktionsträger*innen (z.B. die nordrhein-westfälischen JA-Landesvorstandsmitglieder Patrick Heinz und Theresa Humann), Burschenschaftler, wie der bereits erwähnte Maximilian Schmitz, aktuelle und ehemalige IB-Kader wie Reinhild Boßdorf, einige Reichsbürger*innen und Neonazis (z.B. die Kölner Neonazi-Aktivistin Cindy Kettelhut) und mit David Harzheim auch ein „Bruderschaft Deutschland“-Unterstützer teil.
Der etwa 50 Personen umfassende Block formierte sich unter Führung der neurechten Influencerin Reinnhild Boßdorf kurz nach Aufzugsbeginn im vorderen Bereich des Versammlungsgeschehens, musste dann aber seine Position auf Anordnung der Demoleitung aufgeben.
Nach dem Ende des Aufzuges verschwanden etwa ein Dutzend Personen aus diesem Block im Haus der „Rhenania-Salingia“ in der Reichsstraße.

Inhaltliche Differenzen oder Sorge um die Außendarstellung?
Mona Aranea und andere Personen, die in der Düsseldorfer Pandemieleugner*innen-Szene aktiv sind und Verantwortung tragen, waren offenbar angesichts des extrem rechten Blocks um das Image ihrer APO besorgt.
So wurde der offen rechts auftretende Teil der Demo wiederholt ermahnt, „sich zu benehmen“, und ihm wurde sogar mit Ausschluss gedroht. Mitgebrachte AfD-Fahnen mussten zum Unmut von Parteianhänger*innen eingerollt werden und der Block war gezwungen, die Demospitze zu verlassen und sich weiter hinten neu zu formieren. In einer Presseerklärung klagte die „Revolte Rheinland“ im Nachhinein über eine „zersetzende Agenda“ der Veranstalter*innen. Der Inhalt der Pressemitteilung weist eine gewisse Nähe zu NS-Vokabular auf: in antisemitischer Diktion wird dort z.B. gegen eine „Zersetzung durch globale Eliten“ agitiert.2 Doch auch abseits der im extrem rechten Block vereinten Gruppierungen waren in den Reihen der Demo-Teilnehmer*innen antisemitische Äußerungen festzustellen, etwa in Form von NS-Relativierungen.

Bild
Shoah-Relativierung auf dem Johannes-Rau-Platz am 18. Dezember 2021: Impfmaßnahmen gegen Corona werden mit der NS-Vernichtungspolitik gleichgesetzt

Neben einer Trump-Flagge wurden auch rechts-libertaristische Symbole in Form von mehreren „Gadsden-flags“ gezeigt. Schon diese Beispiele lassen Araneas Versuch, den Rest der Versammlung „bürgerlich“ wirken zu lassen, unglaubwürdig erscheinen. Hier marschierte ganz offensichtlich eine freidrehende, bürgerliche Mitte, die „liberal“ genug ist, um neben und mit extrem Rechten zu laufen, gemeinsam in Richtung Systemsturz. Dabei fügten sich Lastenfahrräder, Trommeln, trendige Kinderwagen und -tragetücher sowie „alternative“ Outdoor-Bekleidung harmonisch in das neue Bild ein. Gerne nahmen Versammlungsteilnehmer*innen Propagandamaterial entgegen, das sich nur auf den ersten Blick ausschließlich gegen vermeintliche „Impfzwangsmaßnahmen“ richtete. Die gelben Papierfähnchen und Luftballons warben für das rechte und verschwörungsideologische Internet-Radio „Antenne Frei“, für das die Dortmunder AfD-Mitglieder Annette und Wolfgang Seitz im Impressum der Website verantwortlich zeichnen.

Johannes Rau-Platz: Versammlungsteilnehmer*innen mit gelben Propagandamaterialien von "Antenne-Frei"

Darüber hinaus beteiligten sich weitere Personen aus dem extrem rechten bis neonazistischen Spektrum an der Veranstaltung. Zu nennen sind beispielsweise Mitglieder der „Bruderschaft Deutschland“ und „Schwesternschaft Deutschland“ (u.a. Sascha Vasic und Marion Mette-Bakos), die Düsseldorfer Neonazis Manuel Senk und Dennis Steinbusch, der Duisburger Organisator von PEGIDA NRW, Kevin Strenzke, einer der „PRO Remscheid“-Stadtratsmitglieder (Thorsten Pohl), der Düsseldorfer „Reichsbürger“ Markus Groß, die AfD-Europa- und Landtagsabgeordneten Guido Reil und Sven Tritschler sowie mehrere AfD-Mitglieder aus der Landeshauptstadt.
Parallel zu Kundgebung und Umzug fuhr ein Autokorso mit 30 Fahrzeugen durch Düsseldorf. Organisator war der extrem rechte Düsseldorfer Bernd Bruns, der bereits als aktiver Unterstützer der Demos von DÜGIDA („Düsseldorf gegen die Islamisierung des Abendlandes“) im Jahr 2015 und als Anmelder der „Corona-Rebellen Düsseldorf“ im Sommer 2020 in Erscheinung getreten war.

 

Archivfoto: Bernd Bruns führt mit seinem Fahrrad DÜGIDA-Demo am 30. März 2015 an

Ebenfalls beteiligt war der „Querdenken“-Demoanmelder Michael Schele. Der Autokorso wurde in der Innenstadt vorzeitig abgebrochen, und zumindest ein Teil der Korso-Teilnehmer*innen schloss sich der Lauf-Demonstration an.
Nach langer Zeit gab es wieder Gegenprotest, welcher mit rund 200 Personen jedoch deutlich kleiner ausfiel als die rechte Großveranstaltung der Pandemieleugner*innen-Szene. Der Gegenprotest blieb überdies aufgrund polizeilicher Maßnahmen größtenteils unsichtbar und unhörbar.

20. Dezember 2021: Extrem rechte „Montagsdemo“

Für Montag, den 20. Dezember 2021, hatte Bernd Bruns erstmals eine „Montagsdemo“ auf dem Johannes-Rau-Platz angemeldet. Unterstützt wurde diese Demo von der Düsseldorfer AfD mit eigenem Aufruf. Dem Aufzug fuhr ein Auto mit Lautsprecheranlage voraus, in einigem Abstand folgte die eigentliche Demonstration. Diese wurde von Elmar Salinger (AfD-Kreisvorstandsmitglied) und Marco Vogt angeführt, die ein rotes Banner trugen.
Etwa 180 Personen erschienen, um anschließend über die Rheinpromenade, am Burgplatz sowie an der Mahn- und Gedenkstätte vorbei und dann durch die Innenstadt und zurück zum Ausgangspunkt zu ziehen. Inhaltlich hatte diese Demonstration nichts Neues zu bieten: Wieder wurden öffentlich-rechtliche Sender diffamiert, Desinformationen über die Corona-Impfungen verbreitet und die antisemitisch grundierte Verschwörungserzählung vom „Great Reset“ verbreitet.3 Statt Fackeln wurden Kerzen entzündet. Der „Querdenken“-Aktivist Michael Schele relativierte während des Aufzuges die Shoah, indem er wissenschaftlich fundierte Impf-Aufforderungen zum Corona-Schutz mit der antisemitischen Propaganda des Nationalsozialismus gleichsetzte.
In Telegram-Gruppen der lokalen Pandemieleugner*innen-Szene wird immer wieder betont, dass die „Montagsdemos“ Polizeikräfte binden sollen, um deren Einsatz gegen die unangemeldeten Demos der extrem rechten Gruppierung „Freie Sachsen“ in Ostdeutschland zu verhindern.

Quo vadis?

Dass AfD/JA, „Identitäre“, Burschenschaftler und andere Vertreter*innen der extremen Rechten aktuell verstärkt versuchen, sich als selbsternannte Avantgarde an die Spitze der Pandemieleugner*innen-Bewegung zu setzen, ist alles andere als Zufall. In der Protest-Szene dominieren antimoderne und irrationalistische Ideologien, die beste Anknüpfungsmöglichkeiten für die extreme Rechte bieten.4 Zu erwarten sind weitere Veranstaltungen und womöglich auch eine fortschreitende Radikalisierung dieses Milieus.
Nach anfänglichen Diskussionen, ob über Weihnachten weitere Aktionen stattfinden oder diese Tage familiären Feiern vorbehalten bleiben sollten, werden nun ein „1. Düsseldorfer Auto-Korso Marathon“ am 23. Dezember 2021 von 11 Uhr bis in den Abend hinein (Ende offen bei einem eigenen Weihnachtsmarkt) sowie eine Versammlung nebst Umzug am Samstag, 25. Dezember 2021, beworben. Beide Veranstaltungen werden aus dem bekannten Spektrum organisiert.

  • [1] https://www.swr.de/unternehmen/kommunikation/pressemeldungen/daserste-report-mainz-ehemaliger-afd-mitarbeiter-rechtsextreme-szene-2021-102.html[zurück]
  • [2] Verein für Aufklärung und Demokratie e.V. und dessen Projekt Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (2021): Verschwörungsdenken und Antisemitismus im Kontext von Corona, S.26 https://report-antisemitism.de/documents/RIAS_Bayern_Monitoring_Verschwoerungsdenken_und_Antisemitismus_im_Kontext_von_Corona.pdf[zurück]
  • [3] https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/faktenfuchs-die-verschwoerungstheorie-the-great-reset,SY2OK1r[zurück]
  • [4] https://taz.de/Herkunft-der-Impfgegner-und-Querdenker/!5815438/[zurück]
Veröffentlicht unter AfD, Antisemitismus, ARCHIV, DEMO, LOCAL, Pandemieleugnung | Kommentare deaktiviert für Erneut Proteste gegen Corona-Maßnahmen mit extrem rechter Beteiligung

Pandemieleugner*innen: Neue Dynamik der Mobilisierung

Am vergangenen Samstag, den 11. Dezember 2021, versammelten sich mehrere Tausend Menschen auf dem Düsseldorfer Johannes-Rau-Platz zu einer Kundgebung mit daran anschließender Demonstration. Die Veranstaltung richtete sich laut Ankündigungen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen und eine mögliche allgemeine Impfpflicht.
Mobilisiert wurde hierfür in verschiedenen sozialen Netzwerken, etwa beim Messengerdienst Telegram, sowie über andere Kanäle.
Die Demo wurde auch vom Düsseldorfer Kreisverband der AfD in einem eigenen Aufruf beworben.

Von „Corona Rebellen Düsseldorf“ über „Querdenken 211“ zu „APO Düsseldorf“

Organisiert und angemeldet wurde die Veranstaltung unter anderem von Ingo Marks aus dem Rhein-Sieg-Kreis.
Spätestens ab Sommer 2020 war Marks eine feste Größe bei den „Corona-Rebellen Düsseldorf“ (CRD), von denen er sich nach internen Meinungsverschiedenheiten im vergangenem Herbst trennte, um fortan gemeinsam mit Michael Schele (DJ und „Querdenken“-Akteur aus dem südöstlichen Ruhrgebiet) bei „Querdenken 211“ (QD211) eigene Wege zu gehen. In der Landeshauptstadt werden seit Ende Dezember 2020 samstägliche Protestveranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen, zumeist mit Aufzügen, von Marks angemeldet.
Doch Marks ist kein Newcomer, sondern seit mehreren Jahren in verschiedenen Konstellationen der extremen Rechten aktiv. Beispielsweise beteiligte er sich an einem Aufmarsch der extrem rechten Gruppierung „Wir für Deutschland“ am 3. Oktober 2019 in Berlin. Zahlreiche Neonazis – darunter ein aggressiver Demo-Block der „Bruderschaft Deutschland“ sowie Mitglieder der rechtsterroristischen „Gruppe S.“ – hatten an diesem Aufmarsch teilgenommen.

Ingo Marks (mit Hut) am 3. Oktober 2019 beim extrem rechten "Wir für Deutschland"-Aufmarsch in Berlin ©Igor Netz

In den vergangen Wochen wurde das stark mit Michael Schele, der sich in den letzten zwei Wochen lieber in Wien bzw. Hamburg betätigte, assoziierte Label „Querdenken 211“ zunehmend vermieden und auf eine genaue Benennung der organisierenden Gruppe verzichtet. Wenige Tage vor der Kundgebung zeichnete sich eine neue Umbenennung in „APO Düsseldorf“ (APO-D) ab. Diese Gruppe wurde am 11. Dezember 2021 vom Mönchengladbacher „dieBasis“-Mitglied Mona Aranea bei der Auftaktkundgebung genannt.

Ein Zehnfaches

Das Demonstrationsgeschehen am 11. Dezember 2021 war von Anfang an äußerst unübersichtlich. War laut Medienberichten ursprünglich von 300 angemeldeten Teilnehmer*innen ausgegangen worden, wurden schließlich rund 3.000 Menschen zu Beginn des Umzugs gezählt. Spätere Zählungen im Verlauf der Demonstration nennen sogar 5.000 bis 6.000 Teilnehmer*innen.
In mehreren Reden während der Auftaktkundgebung am Johannes-Rau-Platz wurden krude Verschwörungserzählungen thematisiert. So wurde gegen „Eliten“ polemisiert und das antisemitisch fundierte Verschwörungsnarrativ der NWO („Neue Weltordnung“) bedient. Ein Redner warb außerdem für Donald Trumps angekündigte Social-Media-Plattform.
Die Polizei wirkte angesichts der großen Menge völlig unvorbereitet. Entsprechend leicht war es für Demonstrationsteilnehmer*innen, konsequent gegen Hygiene- und Versammlungsauflagen zu verstoßen. Kaum jemand trug eine Maske, niemand hielt den Mindestabstand ein, obwohl ein Großteil der Versammlungsteilnehmer*innen ungeimpft sein dürfte. Konsequenzen hatte das für den Demoablauf nicht.
Bereits in der Vergangenheit zeigte die Düsseldorfer Polizeiführung bei ähnlichen Veranstaltungen eine gewisse Passivität, obwohl die amtierende Landesregierung eine extrem repressive Verschärfung des NRW-Versammlungsgesetzes auf den Weg gebracht hat, die am 15. Dezember 2021 verabschiedet wurde.1 2

Fackelmarsch durch die Altstadt

Bei den Demonstrierenden handelte es sich hauptsächlich um augenscheinlich nicht organisierte „Wutbürger*innen“. Eine mögliche Erklärung ist, dass die Debatte um eine allgemeine Impfpflicht andere, neue Personengruppen angezogen hat.
Die bekannten, CRD und/oder QD211 nahestehenden Pandemieleugner*innen, die seit etwa 20 Monaten wöchentlich in Düsseldorf gegen die vermeintliche „Corona-Diktatur“ protestieren, machten nur einen Bruchteil der Veranstaltung aus. Die sehr heterogen wirkende Demonstration kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die extreme Rechte bei den Protesten gegen die Corona-Schutzmaßnahmen in Düsseldorf von Beginn an eine relevante Rolle einnimmt.
Hinzu kamen am 11. Dezember 2021 noch einige Akteur*innen aus verschiedenen rechten Spektren: So traten etwa die AfD-Europa- und Landtagsabgeordneten Guido Reil und Iris Dworeck-Danielowski, der Rechtsanwalt Björn Clemens mit Kanzlei in Düsseldorf-Flingern, die verurteilte Holocaustleugnerin Birgit Hutter, der Elleraner Neonazi Sascha Vasic von der „Bruderschaft Deutschland“, der neurecht-libertaristische Blogger Miró Wolsfeld sowie die Reichsbürger Josef Hoffmann und Sascha Vossen in Erscheinung.
„Corona Rebell“ Sascha Vossen, der sich seit Jahren als Rapper versucht, verbreitete während der Demo NS-Relativierungen und antisemitische Verschwörungserzählungen. Auch war Vossen einer von mehr als ein Dutzend Fackelträger*innen, die am Kaufhaus an der Königsallee und an der Mahn- und Gedenkstätte vorbeimarschierten. An letzterer wurde ein Aufkleber hinterlassen, der 2G- und 3G-Pandemieschutzmaßnahmen mit dem zunehmenden Ausschluss von Jüdinnen*Juden aus dem öffentlichen Leben Deutschlands ab 1933 gleichsetzt und so den Holocaust relativiert.

Weitere geplante Veranstaltungen im NRW-Hotspot Düsseldorf

Für den 16. Dezember 2021 wird zu einer Kundgebung gegen eine vermeintliche „Impfpflicht von Kindern“ vor dem Landtag aufgerufen. Organisiert wird die Veranstaltung von einem Folgeprojekt einer Gruppe der „Identitären Bewegung“. Dabei handelt es sich um die von Reinhild Boßdorf gegründete Fraueninitiative „Lukreta“. Das AfD-Mitglied Boßdorf aus dem Rhein-Sieg-Kreis gilt als Influencerin der „Neuen Rechten“ und soll bei der Kundgebung am Donnerstag als Rednerin auftreten. Hier werden einmal mehr die Schnittstellen zwischen der AfD und der „Identitären Bewegung“ in Nordrhein-Westfalen deutlich.3
Als weitere Redner*innen dieser Veranstaltung werden u.a. die bereits erwähnten Iris Dworeck-Danielowski und Miró Wolsfeld angekündigt.
Beworben wird die Kundgebung von der AfD wie z.B. dem lokalen Kreisverband und dem Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich, diversen Pandemieleugner*innen und Personen aus der „Neuen Rechten“.

Bereits bei der Abschlusskundgebung am 11. Dezember 2021 wurde auf der Bühne sowie am gleichen Abend in diversen Telegram-Gruppen dazu aufgerufen, am 18. Dezember erneut nach Düsseldorf zu fahren, so dass für den Tag eine weitere „Großdemo“ zu befürchten ist. Aus Sicht der Teilnehmer*innen und im Vergleich zu den 250 Teilnehmer*innen am 4. Dezember 2021, verlief die Demonstration am 11. Dezember erfolgreich. Nur am 20. September 2020 fand in Düsseldorf eine ähnlich gut besuchte Veranstaltung von Corona-Maßnahmengegner*innen statt.
Das am 17. Dezember in Nordrhein-Westfalen erstmalig zur Verfügung stehende Impfangebot für Kinder zwischen fünf und elf Jahren, das von Impfgegner*innen, Pandemieleugner*innen und Verschwörungsgläubigen in die oben genannte angebliche „Impfpflicht für Kinder“ umgedeutet und emotional aufgeladen wird, könnte ein hohes Protestpotenzial entfachen. Daher ist eine ähnlich hohe oder sogar höhere Teilnehmer*innenzahl möglich. Extrem rechte Gruppen und Parteien wie z.B. die Düsseldorfer Kreisverbände der AfD und der „Die Republikaner“ mobilisieren für den 18. Dezember 2021 zum Johannes Rau-Platz.

Fazit/Einschätzung

Veranstaltungen, bei denen Inhalte und Auftritte der extremen Rechten toleriert werden, wirken im Falle eines quantitativ bedeutsamen Verlaufs attraktiv auf das gesamte Rechtsaußen-Spektrum. Demnach könnte die Beteiligung neonazistischer Gruppen und Personen am Samstag zunehmen.
Die Demonstration vom 11. Dezember 2021 kann als Ausdruck einer weiter verstärkten Protestdynamik gegen die Corona-Schutzmaßnahmen interpretiert werden. Die meisten Teilnehmer*innen der Demonstration waren keine erkennbaren Neonazis oder andere extrem rechte Akteur*innen, sondern vor allem agitierte Wutbürger*innen aus einer enthemmten „extremen Mitte“. Gerade vor dem Hintergrund bereits evidenter Diskursverschiebungen, die schon in früheren („Mitte“)-Studien dokumentiert wurden, sollten die neuen und wiederholten Grenzüberschreitungen „normaler“ Bürger*innen mit Aufmerksamkeit verfolgt werden.4 Die Formation eines gesellschaftlichen Rollbacks aus verschiedenen antiaufklärerischen Milieus und individualistisch-libertaristischen Akteur*innen greift die Grundmauern eines solidarisch-emanzipatorischen Zusammenlebens an und ist zudem anschlussfähig für die extreme Rechte, die keineswegs das Grundgesetz verteidigen möchte, sondern einen Systemsturz anstrebt. Auch die Passivität der Polizei sowie fehlender zielgerichteter Gegenprotest sind in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen.
So würde sich eine weitere Großdemonstration nicht nur auf das Infektionsgeschehen fatal auswirken.

  • [1] https://www.zeit.de/news/2021-04/17/corona-leugner-demonstrierten-in-duesseldorf[zurück]
  • [2] https://www1.wdr.de/nachrichten/corona-querdenken-demo-duesseldorf-104.html[zurück]
  • [3] https://identitaereinbochum.noblogs.org/die-afd-und-ihr-neurechtes-vorfeld-am-beispiel-identitaerer-in-der-afd-nrw/[zurück]
  • [4] https://www.fes.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=65543&token=be951e80f3f538cca04a67567b9da4b995a93c64[zurück]
Veröffentlicht unter AfD, Antisemitismus, ARCHIV, DEMO, LOCAL, Pandemieleugnung | Kommentare deaktiviert für Pandemieleugner*innen: Neue Dynamik der Mobilisierung

Antifa-Themenabend am 30. November

Der antifaschistische Themenabend am 30. November hat den Titel „Wer war Fredy Hirsch?“ und findet als Digital- und Präsenzveranstaltung im Kulturzentrum ZAKK statt.
In den Räumen des Kulturzentrums gilt die „2G+ Regel„: Für die Teilnahme an der Präsenzveranstaltung ist ein Geimpft- oder Genesen-Nachweis und zusätzlich ein amtlicher Schnelltest (nicht älter als 24h) erforderlich.

Anmeldung zur digitalen Veranstaltung unter der E-Mail-Adresse: bildungsforum@gmx.de

Wer war Fredy Hirsch? Von Aachen über Düsseldorf, Brünn und Prag nach Theresienstadt und Auschwitz-Birkenau. Mit Dirk Kämper (Drehbuchautor, Historiker und Filmproduzent).

In der Veranstaltung soll es nicht nur um die Frage gehen, wer Fredy Hirsch war, sondern auch darum, ob und wie an den homosexuellen Juden aus Aachen, der Ende 1941 aus Prag nach Theresienstadt und im September 1943 weiter nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurde und sich in beiden Lagern insbesondere für bessere (Über)Lebensbedingungen für inhaftierte Kinder und Jugendliche engagierte, erinnert wurde/wird – und welche Hürden es hierbei gab/gibt.

Veranstalter*innen: AG INPUT, Edelweißpiratenfestival Düsseldorf (zakk, Mahn- und Gedenkstätte und VVN-BdA Düsseldorf) und Antifa-AK an der HSD, in Kooperation mit dem Antirassistischen Bildungsforum Rheinland, dem Arbeitskreis Gedenkstättenfahrten, den Düsselfalken, dem Autonomen Bisexuellen- und Schwulen-Referat, Autonomen Frauenreferat sowie AStA-Projekt Erinnerungsort Alter Schlachthof an der HSD.

Die Veranstaltung beginnt 19:30 Uhr.

Veröffentlicht unter Antisemitismus, ARCHIV, LOCAL, Veranstaltung | Kommentare deaktiviert für Antifa-Themenabend am 30. November

Antifaschistische Themenwoche an der HSD

Der Antifa-AK an der Hochschule Düsseldorf lädt zu einer antifaschistischen Themenwoche an der HSD ein:

  • Am 25. Oktober organisiert der Antifa-AK eine Führung durch die Dauerausstellung Erinnerungsort Alter Schlachthof. Treffpunkt ist um 17 Uhr im Café Freiraum (HSD-Gebäude 3, Erdgeschoss) an der Münsterstraße 156.
  • Am 26. Oktober referieren Johannes Hartwig und Jörg Kronauer zum Thema geschichtsrevisionistische Aufmärsche und faschistisches Gedenken in (Süd-)Osteuropa.
    Der Vortrag beginnt 19:30 Uhr im Kulturzentrum ZAKK (Raum Studio), Fichtenstraße 40.
  • Am 28. Oktober wird die Neonazi-Szene in Düsseldorf Thema eines Vortrages sein. Beginn der Veranstaltung ist um 19 Uhr im Café Freiraum (HSD-Gebäude 3, Erdgeschoss).

    Lange Zeit galt Düsseldorf als Stadt, in der es angeblich keine größeren Probleme mit der extremen Rechten, erst recht nicht mit Neonazis gibt.
    Das war natürlich immer schon Unsinn, wie sich an vielen Beispielen belegen lässt. Bei einem rassistischen und möglicherweise auch antisemitischen Bombenanschlag im Sommer 2000 beispielsweise kam nur durch großes Glück niemand ums Leben, einige Menschen wurden aber schwer verletzt. Immerhin aber waren in Düsseldorf bis 2014 im Gegensatz zu
    vielen anderen NRW-Städten nur wenige Aufmärsche zu verzeichnen. Nun aber stand die extreme Rechte – und mit ihr die Neonazi-Szene – auch in Düsseldorf auf der Straße und ist seitdem auch nicht wieder verschwunden. Und wenn es um rechts motivierte Gewalttaten geht, „spielt“ Düsseldorf stets ganz weit oben mit in der entsprechenden NRW-Statistik.
    Der Vortrag des „Antirassistischen Bildungsforums Rheinland“ in der von uns mitveranstalteten Vortrags- und Diskussionsveranstaltungsreihe INPUT findet in Kooperation mit dem Autonomen Frauenreferat an der HSD statt und gibt einen Überblick über neonazistische Aktivitäten in Düsseldorf – mit aktuellem Schwerpunkt auf die „Bruderschaft Deutschland“.

  • Am 29. Oktober findet eine Veranstaltung mit dem Titel „How to Demo & das geplante neue NRW-Versammlungsgesetz“ um 17 Uhr im Linken Zentrum „Hinterhof“, Cornelisustraße 108, statt.

In den Veranstaltungsräumen gelten die landesweiten Regelungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Nähere Informationen finden sich z.B. auf der Website des Kulturzentrums ZAKK.

Veröffentlicht unter ARCHIV, Veranstaltung | Kommentare deaktiviert für Antifaschistische Themenwoche an der HSD

„Heimat” in Meerbusch-Nierst: „Corona Rebellen Düsseldorf“, Reichsbürger*innen und „Rapbellions“-Rechts-Rap am Niederrhein

Nierst ist ein beschaulicher Ortsteil von Meerbusch im Speckgürtel Düsseldorfs, nur durch den Rhein getrennt von den gutsituierten nördlichen Düsseldorfer Stadtteilen Wittlaer und Kalkum. In Nierst gibt es eine Kirche, einen Kindergarten, ein Kriegerdenkmal und rheinisches Brauchtum mit Karneval und Schützenfest. Die ca. 1.430 Einwohner*innen des niederrheinischen Dorfs verteilen sich auf zwei Handvoll Straßen und in einer der Straßen soll mehrfach die Reichskriegsfahne geweht haben.1
Außerdem gab es Anfang 2021 eine aufgesprengte Haustür im Rahmen einer Hausdurchsuchung bei einem mutmaßlichen Reichsbürger*innen-Paar. Und seit Mai 2021 verdient das dörfliche Nierst einen Platz auf der Karte des deutschen Rechts-Raps: Hier nahmen die „Corona Rebellen Düsseldorf“ Teile des Videos „Ich mache da nicht mit” von „Rapbellions“, einer um den Verschwörungssänger Xavier Naidoo gruppierten Crew, auf.
Doch von vorne. Und weil es ein langer Text ist, wird er in zwei Teilen veröffentlicht; Teil 2 zu den Musikprojekten folgt in einigen Tagen.

Teil 1: Hausdurchsuchung bei Reichsbürger*innen

„Corona Rebellen Düsseldorf“

Seit Anfang Mai 2020 ziehen die Anhänger*innen der rechtsoffenen bis extrem rechten Pandemieleugner*innen-Gruppe „Corona Rebellen Düsseldorf“ (CRD) mindestens einmal pro Woche durch die Straßen der NRW-Landeshauptstadt, teils in eigenen CRD-Veranstaltungen, teils als Teilnehmer*innen von Kundgebungen, die von „Querdenken“, „Es reicht“ oder anderen Gruppen oder Personen organisiert werden. Als Versammlungsleiter und einer einenden Kraft kommt dem Ex-Grünen und ehemaligen Mitglied des Düsseldorfer Polizei-Beirats Bernd Bruns (74) eine wichtige Rolle zu. Bruns war zuletzt führend an der extrem rechten Demonstrationsserie von DÜGIDA („Düsseldorf gegen die Islamisierung des Abendlandes“) beteiligt. Um ihn versammelte sich im Sommer 2020 eine Gruppe von – im Kern – bis zu 20 Personen, die zumeist in den 30ern und 40ern sind.
Antisemitismus war und ist ein konstituierendes Merkmal der Verschwörungserzählungen, die bei den CRD-Kundgebungen verbreitet werden,2 auch wenn in Düsseldorf in auffälliger Weise versucht wurde und wird, diesen Antisemitismus abzustreiten und zu verdecken.
Häufig reisen die CRD auch gemeinsam zu auswärtigen Demonstrationen, beispielsweise nach Leipzig, Stuttgart und immer wieder auch Berlin. In Berlin erlangten sie eine gewisse Berühmtheit, da zahlreiche „Rebellen“ mit dem seitdem omnipräsenten Markenschild zu den ersten 50 Pandemieleugner*innen gehörten, die bei dem versuchten „Sturm auf den Reichstag“ am 29. August 2020 ganz oben auf den Stufen standen.3


[Abbildung 1: Foto CRD-Schild auf Reichstagstreppe, 29. August 2020, © RechercheNetzwerk Berlin]


[Abbildung 1 a: Foto CRD-Mitglieder (Thomas Borlinghaus unterhalb des CRD-Schildes mit Baseballcap und weißem Hemd) auf den oberen Stufen der Reichstagstreppe, 29. August 2020, © Pixelarchiv]

In einem Kurzgutachten des an der Hochschule Düsseldorf angesiedelten Forschungsschwerpunkts Rechtsextremismus/Neonazismus (Forena) wird die Bedeutung der Berliner Großdemonstrationen im Sommer 2020 für die lokalen Pandemieleugner*innen und insbesondere die CRD betont:

Hinsichtlich der Protestdynamik lassen sich dahingehend deutliche Radikalisierungstendenzen feststellen, dass man sich – spätestens seit den beiden großen Demonstrationen in Berlin – als eine Art Avantgarde für den Aufstand gegen „das System“ zu begreifen scheint und dieses Aufstandsbegehren sich zugleich gegen personifizierte äußere und innere „Feinde“ richtet.4

Nach der versuchten Erstürmung des Reichstagsgebäudes und der Medienaufmerksamkeit für die CRD kam es zu Zerwürfnissen und einer Abspaltung. Eine lokale „Querdenken“-Gruppe („Querdenken 211“, kurz QD211), die inzwischen auch unter anderen Namen operiert, wurde von dem Ruhrgebiets-DJ Michael Schele und dem extrem rechten Germanentum-Anhänger Ingo Marks gegründet. Während die Führungsfiguren sich teils scharf voneinander distanzierten, nahmen Teile der Pandemieleugner*innen weiter an den Kundgebungen und Demonstrationen beider Gruppen teil. Seit dem Frühjahr 2021 war eine Wiederannäherung und pragmatische Arbeitsteilung zu beobachten. Anfang August 2021 riefen die beiden Gruppen erstmals zu einer gemeinsamen „Kombi-Veranstaltung“ auf dem Burgplatz auf.
In Düsseldorf nahmen von Anfang an auch Mitglieder der „Bruderschaft Deutschland“, deren Kontakte zu der rechtsterroristischen „Gruppe S“ derzeit Thema im Prozess vor dem OLG Stuttgart sind,5 und der mit ihr verbundenen „Schwesternschaft Deutschland“ an diesen Kundgebungen teil. Die Düsseldorfer Proteste sind auch für andere Gruppen und Protagonist*innen aus der extremen Rechten und Neonazi-Hooligan-Szene attraktiv. Dies reicht von der lokalen Mikrogruppe „Hooligans Europa United“ des neonazistischen Düsseldorfer Hooligans Carolus „Flecki“ Flach, der seine Gruppe inzwischen in das wesentlich bescheidenere „Defend Düsseldorf“ bzw. „Defend NRW“ umbenennen musste, über regionale Schlüsselfiguren wie den ehemaligen Mönchengladbacher Ratsherrn von „Pro NRW“ und Mitbegründer der extrem rechten Gruppierung „HoGeSa“ („Hooligans gegen Salafisten“), Dominik Roeseler, bis zu Szenegrößen wie Hannes Ostendorf von der Rechtsrock-Band „Kategorie C“ aus der extrem rechten Hooligan-Szene. Ostendorf rief auch zur Teilnahme an einer Kundgebung im Rheinpark Düsseldorf am 6. Dezember 2020 auf, nahm inmitten einer Gruppe von KC-Anhängern teil und verteilte Schals mit dem Aufdruck „Widerstand“, mit denen er für seinen wenige Tage zuvor veröffentlichten, gleichnamigen Song warb. In Ostendorfs Stück heißt es unter anderem: „Widerstand ist unser Recht, komm mit uns auf die Straße, auf zum letzten Gefecht“. Während der Extrem-Rechtsrocker die Hymne zur HoGeSa-Bewegung verfasst hatte, gelang ihm ein solcher Erfolg mit „Widerstand“ in der Pandemieleugner*innen-Szene nicht, obwohl auch Xavier Naidoo das Stück in seinem Telegram-Kanal bewarb.6


[Abbildung 2: Foto Hannes Ostendorf und Kategorie C-Begleitung am 6. Dezember 2020 in Düsseldorf. In dem Karton befinden sich Schals mit dem Aufdruck „Widerstand“, die bei der Kundgebung verteilt und getragen wurden. © Kollektiv Communique]

Die Kundgebung am 6. Dezember 2020 war zwar von QD211 organisiert worden, doch nahmen auch die bekannten CRD-Protagonist*innen in relativ geschlossener Gruppe teil. Darunter war, und damit laufen die Fäden von Xavier Naidoo, Hannes Ostendorf und den CRD in Meerbusch-Nierst zusammen, auch Thomas Borlinghaus.


[Abbildung 3: „Corona Rebellen Düsseldorf“ auf dem Weg zu der Kundgebung am 6. Dezember 2020. Vorne in grüner Jacke Thomas Borlinghaus. © Benjamin Lotz]

Aufforderung zum Umsturz an die Bundeswehr

Borlinghaus wurde 1988 geboren, wuchs in Düsseldorf auf und machte eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann im Möbelhandel. Bei der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 kandidierte er erfolglos für „Die Linke“ zur Bezirksvertretung im nördlichen Stadtbezirk 5, zu dem auch Wittlaer und Kalkum gehören. Am 16. Mai 2020, an dem Borlinghaus und seine Lebenspartnerin Patita Kwangkhwang erstmals belegt an einer CRD-Kundgebung auf dem Burgplatz teilnahmen, stand er offenbar in keiner Beziehung mehr zu „Die Linke“.


[Abbildung 4: Thomas Borlinghaus (mit Sonnenbrille, Ordner*innen-Binde und Weste), Burgplatz, 18. Juli 2020, © Dennis Pesch]


[Abbildung 5: Patita Kwangkhwang (mit Jeans-Cap und Ordner*innen-Weste), Burgplatz, 18. Juli 2020, © Dennis Pesch]

Seitdem sind die Beiden, fester Teil der Düsseldorfer Pandemieleugner*innen-Szene. Kwangkhwang, die sich selbst als Deutsche und Thailänderin identifiziert, bezeichnet sich in ihrem Facebook-Profil als Designerin und Modebloggerin.7 2015 studierte sie offenbar an der Privaten Modeschule Düsseldorf.8 Die Bundesrepublik, die ihrer Auffassung nach „noch nicht befreit“, sondern „nur besetzt“ sei, nennt sie bei Telegram „Bolschewiken Republik Deutschland“. Dort kündigte sie am 12. Juli 2020 auch an, bei der nächsten CRD-Demo eine schwarz-weiß-rote Reichsfahne tragen zu wollen.
Gemeinsam mit anderen CRD-Anhänger*innen nahmen Borlinghaus und Kwangkhwang am 1. August 2020 an der ersten großen Demonstration von Pandemieleugner*innen in Berlin teil. Am 29. August 2020 waren beide ganz vorne bei dem „Sturm auf das Reichstagsgebäude“. Borlinghaus gehörte zu den ersten 40 bis 50 Pandemieleugner*innen, die die Stufen hochstürmten und es bis zum Eingang des Reichstagsgebäudes schafften.

Am 29. August 2020 gehörten beide zu den Ersten auf den Stufen des Reichstagsgebäudes. Borlinghaus erwartete an jenem Wochenende offenbar den Umsturz und hatte sich zwei Tage zuvor, am 27. August 2020, in einem Brief an zwei Generäle der Bundeswehr, den Brigadegeneral Markus Kreitmayr und den Generalmajor Andreas Hannemann, gewandt. In diesem Brief forderte er die beiden unter Verweis auf ein antisemitisches Verschwörungsmodell auf, sich gegen die Bundesregierung zu erheben. Zur Einleitung zog er eine Aussage von Bundeskanzlerin Merkel zur Legitimation seines Appells heran. Wie Borlinghaus später einem extrem rechten YouTuber erläuterte, habe er den Brief mit der Hand geschrieben, „weil er eine persönliche Note reinbringen wollte“.


Abbildung 6 a in hoher Auflösung
Abbildung 6 b in hoher Auflösung
[Abbildung 6 a und b: Typoskript des Briefs von Borlinghaus vom 27. August 2020, 2 Seiten; Quelle: Screenshots aus Video von FaktenFriedenFreiheit am 17.02.2021]

Borlinghaus schrieb in seinem Brief:

„Nach aktuellem Stand der öffentlichen Ermittlungen, die transparent und lupenrein auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden können, werden hier seitens der Bundesregierung absichtlich wirtschaftliche und soziale Strukturen zerstört und die Bevölkerung gespalten um Unruhe zu schüren und aus daraus entstehenden Konflikten alle Vorteile zu schlagen, um eine konspirative antidemokratische und vor allem menschenfeindliche Agenda zu erfüllen.
Die Bundeswehr kann und darf es nicht zulassen, dass hier seitens der eigenen Bundesregierung ein solches Vorhaben umgesetzt wird und im weiteren Verlauf seitens einer europäischen Privatarmee, der EuroGendFor, nachdrücklich umgesetzt werden soll. Das würde letztendlich auch das Ende der Bundeswehr und der teilweisen Souveränität Deutschlands bedeuten.“9

Indem Borlinghaus zudem an die Auflösung des 2. Bataillons des Kommando Spezialkräfte (KSK) erinnerte und diese als „direkte[n] Angriff auf die Bundeswehr und die Verteidigungsfähigkeit des deutschen Volkes“ darstellte, versuchte er die Bundeswehr als natürliche Partnerin seiner Sache ins Boot zu holen:

„Es ist an der Zeit erneut Geschichte zu schreiben! Zu Gunsten der Freiheit aller Völker und nicht zu Gunsten niederer Interessen weniger Elemente, die statt Freiheit nur Leid und Zerstörung wollen.
Die Welt steht an einem Scheideweg und Sie sind eine der wenigen Personen, die in der Lage sind etwas historisches [sic] zu vollbringen, von dem noch die kommenden Generationen in den Geschichtsbüchern lesen werden. Deutschland wird das Land sein, was seine Ehre wieder herstellt und die ganze Welt von den eigennützigen Profiteuren befreit, die die Welt ins Unglück stürzen wollen.“10

Er schloss mit dem Hinweis, dass er „diesen Brief ebenfalls an Generalmajor Andreas Hannemann, dem [sic] Kommandeur der Division Schnelle Kräfte, geschickt“ habe.11
Borlinghaus wählte diese beiden Generäle offenbar mit gutem Grund als seine Adressaten. Brigadegeneral Markus Kreitmayr ist seit 2018 Kommandeur des „Kommando Spezialkräfte“ (KSK) in Calw. Schon vor Kreitmayr war diese Spezialeinheit wiederholt durch mangelnde demokratische Kontrolle und die Nähe zu extrem Rechten aufgefallen. Ihr Kommandeur Reinhard Günzel (2000-2003) stellte das KSK 2005 in einer Veröffentlichung eines extrem rechten Verlages in die Tradition der Spezialeinheit „Division Brandenburg“ der nationalsozialistischen Wehrmacht. Das KSK rückte in die Schlagzeilen durch André S., Mitbegründer des Vereins „Uniter“ und des „Hannibal“-Netzwerks, das eine Schattenarmee aufbauen wollte. Franco A., „Hannibal“-Mitglied und dort vermutlich ein Chat-Administrator, steht zur Zeit in Frankfurt vor Gericht.12 Im Rahmen von Untersuchungen gegen den KSKler Philipp Sch., der bei einer KSK-Feier mit Rechtsrock und Hitlergrüßen aufgefallen war, stellte sich heraus, dass dieser ein privates Waffen- und Munitionsdepot aus Bundeswehrbeständen und mit NS-Devotionalien angelegt hatte. Die von Kreitmayr im März 2020 erlassene „Amnestie durch Zurückgeben entwendeter Munition“, bei der mehr Munition abgegeben wurde als ursprünglich vom KSK vermisst, ging im Sommer 2021 durch die Schlagzeilen. Inzwischen wird gegen Kreitmayr wegen des Anfangsverdachts eines Verstoßes gegen § 40 des Wehrstrafgesetzes (vergleichbar mit dem Straftatbestand der Strafvereitelung) ermittelt. Am 30. April 2021 beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft Tübingen seine dienstlichen Kommunikationsgeräte.13

Der zweite Adressat, Generalmajor Andreas Hannemann, ist seit 2019 Kommandeur der deutsch-niederländischen „Division Schnelle Kräfte“ (DSK) in Stadtallendorf. Das KSK ist der DSK unterstellt, doch ist letzteres als Einheit weniger Thema in den Medien. Hier dürfte eine Aussage, die Hannemann am 26. Juni 2020 gegenüber der BILD gemacht hatte, für Borlinghaus Anlass gewesen sein, auch ihm zu schreiben. Nach abendlichen Unruhen hatte der Stuttgarter Polizeipräsident „bundesweite Recherchen bei Standesämtern, um den Migrationshintergrund (einzelner Tatverdächtiger) festzustellen“ veranlasst. Unter #Stammbaumforschung wurde diese rassistische Ermittlung bekannt. Hannemann versuchte mit seinem Kommentar gegenüber der Bild – „Ich empfehle niemandem, einen von UNS anzugreifen“ –, eine vermeintliche Trennung zwischen einem ‚Wir‘ einer deutschen „Volksgemeinschaft“ und einem ‚Sie‘ der Menschen, in deren Familien die Migration teils mehrere Generationen zurückliegt, zu zementieren.
Laut der Antwort auf eine „Kleine Anfrage“ im Bundestag ermittelte der Militärische Abschirmdienst (MAD) Mitte 2018 gegen zehn Angehörige der DSK (inklusive KSK) wegen „Anhaltspunkte[n] für rechtsextremistische Bestrebungen“.14 Selbst der MAD schätzt die Zahl extrem rechter Soldat*innen im KSK als fünfmal so hoch wie im Durchschnitt der Bundeswehr. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches größer sein und lässt beste Bedingungen zur Unterstützung und Vorbereitung eines extrem rechten und möglicherweise reichsbürgerlichen Putsches in der Bundesrepublik erwarten. So überrascht es nicht, dass Borlinghaus bei der DSK und dem KSK politische Unterstützung suchte.
Borlinghaus spricht die Empfänger persönlich an, wenn er ihnen historischen Ruhm nach dem Vorbild der Personen und vor allem der Militärs des 20. Juli 1944 in Aussicht stellt. Er relativiert die Verbrechen des Nationalsozialismus mit dieser Vorstellung von der Bundesrepublik als einer Diktatur und bleibt im Tenor der Selbstviktimisierung und -heroisierung der Pandemieleugner*innen, die sich gerne mit Sophie Scholl oder sogar Anne Frank vergleichen. Zugleich kommt die reichsbürgerliche Vorstellung, die Bundesrepublik sei kein souveräner Staat, zum Ausdruck, wenn Borlinghaus von der „teilweisen Souveränität Deutschlands“ schreibt. Seine Falschbehauptung, die Bundesregierung wolle – unterstützt durch eine „europäische Privatarmee, der EuroGendFor“ – „eine konspirative antidemokratische und vor allem menschenfeindliche Agenda“ umsetzen, verweist auf antisemitisches Verschwörungsdenken, das seine Handlungen motiviert. Bei der „European Gendarmerie Force“ („EuroGendFor“) handelt es sich keinesfalls um eine geheime Privatarmee, sondern um eine Militärpolizeitruppe unter dem Kommando der EU, UN, NATO, OSZE und anderer inter- und transnationaler Organisationen. Beteiligt sind daran Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, die Niederlande, Rumänien und Polen mit ihren Militärpolizei-Truppen. Deutschland gehört, da es keine Militärpolizei in diesem Sinne hat, der „EuroGendFor“ nicht an.

Hausdurchsuchung im Februar 2021

Am 12. Februar 2021 fand nun morgens ab 4:00 Uhr eine Hausdurchsuchung bei Thomas Borlinghaus und Patita Kwangkhwang in Nierst statt. Laut „Durchsuchungsbeschluss in einer Ermittlungssache“ des Amtsgerichts Düsseldorf vom 29. Januar 2021 begründet der Brief einen „Anfangsverdacht der verfassungsfeindlichen Einwirkung auf die Bundeswehr gem. § 89 StGB“,15 die mit einem Strafmaß von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bewehrt ist. Neben der verfassungsfeindlichen Einwirkung auf die Bundeswehr wird in dem Durchsuchungsbeschluss der Verdacht des unerlaubten Besitzes von Schusswaffen als Durchsuchungsgrund genannt. Borlinghaus hatte eine Neuausfertigung seines kleinen Waffenscheins beantragt. Die routinemäßige Zuverlässigkeitsprüfung habe Anhaltspunkte ergeben, dass Borlinghaus sich, neben der in seiner Waffenbesitzkarte eingetragenen Schreckschusswaffe, auch

im Besitz weiterer, auch scharfer Schusswaffen befindet: Er gab dies gegenüber Anwohnern an und kündigte an, hiervon Gebrauch zu machen, falls sich jemand seinen Besitz unbefugt nähern sollte. Ein ernstliches subjektives Bedrohungsempfinden mit entsprechenden Absichten der Selbstverteidigung mittels Waffengewalt zeigte sich ferner darin, dass er nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis in seinem Haus zeitweise die Reichskriegsflagge hisste, dieses mit Nato-Draht absicherte […]. Zudem untermauert eine in öffentlichen Äußerungen gezeigte Nähe zu der Reichsbürgerbewegung den Verdacht des Besitzes von Schusswaffen.16


Abbildung 7 a in hoher Auflösung
Abbildung 7 b in hoher Auflösung
[Abbildung 7 a und b: Durchsuchungsbeschluss des Amtsgericht Düsseldorf vom 29. Januar 2020, 2 Seiten; Quelle: Screenshots aus Video von FaktenFriedenFreiheit am 17. Februar 2021]

Neben dem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Düsseldorf gab es einen weiteren Beschluss des Amtsgericht Neuss in einer Gefahrenabwehrsache gegen zwei Personen zur Durchsuchung des Hauses in Nierst. Bei der zweiten Person handelt es sich, wie aus dem Text zu schließen ist, um Patita Kwangkhwang. Als Grund der Durchsuchung wird in dem zweiten Beschluss nur der Verdacht des unerlaubten Waffenbesitzes angeführt. Das Paar solle „der sog. Reichsbürgerszene nahe stehen“. Weiter heißt es:

Aus Polizeieinsätzen sei bekannt, dass die Betroffenen die Bundesregierung, die Maßnahmen im Rahmen der Pandemie und eine Impfpflicht ablehnen und ihre Ansichten verbal aggressiv vertreten, den erforderlichen Abstand unterschreiten und sich unkooperativ verhalten. Auch im Kindergarten, den eines der Kinder besucht, seien entsprechende Äußerungen publik geworden, sodass ein Betretungsverbot verhängt worden sei.
Die Betroffenen könnten potentiell auch Zugang zu Schusswaffen haben. Der Betroffene [Name verdeckt] verfügt über einen sog. kleinen Waffenschein. Der Vater des Betroffenen [Name verdeckt] ist im Besitz von Waffenbesitzkarten und hat mehrere Waffen auf sich zugelassen. Der Vater ist mit Hauptwohnsitz in [Ort verdeckt] und mit Nebenwohnsitz in [Ort verdeckt] an der obigen Adresse [= Durchsuchungsadresse] gemeldet. Vor diesem Hintergrund besteht auch die Möglichkeit, dass diese Waffen in der Wohnung in [Ort verdeckt; Durchsuchungsadresse] gelagert werden.17


Abbildung 8 a in hoher Auflösung
Abbildung 8 b in hoher Auflösung
[Abbildung 8 a und b: Durchsuchungsbeschluss des Amtsgericht Neuss vom 11. Februar 2020, 2 Seiten; Quelle: Screenshots aus Video von FaktenFriedenFreiheit am 17. Februar 2021]

Im Vergleich ist zu betonen, dass der Durchsuchungsbeschluss aus Düsseldorf ein Ermittlungsverfahren nennt, jener aus Neuss jedoch eine Gefahrenabwehr.
Laut Beschlagnahmeprotokoll wurden bei der Durchsuchung eine PRO Walther P[99?] und eine Armbrust, zwei Atteste, voradressierte Briefumschläge, diverses Verpackungsmaterial, mutmaßlich Cannabis sowie verschiedene Utensilien zum Cannabis-Konsum gefunden.


Abbildung 9 a in hoher Auflösung
Abbildung 9 b in hoher Auflösung
Abbildung 9 c in hoher Auflösung
[Abbildung 9 a, b, c: Durchsuchungs-/ Sicherstellungsprotokoll vom 12. Februar 2020, 3 Seiten; Quelle: Screenshots aus Video von FaktenFriedenFreiheit am 17. Februar 2021]

Diese ungewöhnlich detaillierten Informationen über die Hausdurchsuchung und den Brief an die Bundeswehr-Generäle hat Borlinghaus selbst veröffentlicht beziehungsweise veröffentlichen lassen. Weniger als zwölf Stunden nach der Hausdurchsuchung, am 12. Januar 2021 um 14:14 Uhr, teilte der User „The Reaper“, der an den Düsseldorfer Kundgebungen der Pandemieleugner*innen oftmals im Kostüm „des Todes“ teilnimmt, in einer Telegram-Gruppe der „Corona Rebellen Düsseldorf“ einen Post des Users „Chris“ (@chrisg_mh). Jener hatte einen Videoclip mit dem Kommentar „Einee [sic] von den ‘corona rebellen düsseldorf‘ hatte heute morgen besuch vom SEK. Exakte hintergründe oder vorwürfe sind mit unbekannt“ veröffentlicht. Der 54 Sekunden lange Clip war morgens um 9:42 Uhr produziert worden. Darin werden Aufnahmen von Haustür, Flur, Küche, Wohnzimmer und Wintergarten nach der Durchsuchung gezeigt und von einer unbekannten Person kommentiert. Streckenweise ist Borlinghaus zu sehen und zu hören, wie er am Telefon einer weiteren unbekannten Person von der Durchsuchung und Beschlagnahmung berichtet.


Abbildung 10 in hoher Auflösung
[Abbildung 10: Nachricht von „The Reaper“ in einer Telegram-Gruppe der „Corona Rebellen Düsseldorf“, 12. Februar 2020, 14:14 Uhr]

Am 17. Januar 2021 teilte „Black Eagle“, Besitzer der CRD-Hauptgruppe, ein weiteres Video in diese Gruppe. Das Video ist bis heute (6. Juni 2021) auch in dem facebook-Profil, das „Black Eagle“ unter seinem Namen Baris Kartal führt, abrufbar. Ein Link von dort führt zu „Fakten Frieden Freiheit“ (@FaktenFriedenFreiheit) des extrem-rechten YouTubers Sebastian „Sebbe“ Verboket. In dem knapp 50 Minuten langen Film interviewt Verboket Borlinghaus und Kwangkhwang zu der Durchsuchung und ihren Aktivitäten. Beide weisen alle gegen sie erhobenen Vorwürfe zurück und beklagen das Vorgehen der Polizei bei der Durchsuchung. Eröffnet wird der Film mit einem Einleitungskommentar von Verboket, in dem er die oben wiedergegebenen und aus dem Video extrahierten Schriftstücke zeigt.


Abbildung 11 in hoher Auflösung
[Abbildung 11: Nachricht von „Black Eagle“ in einer Telegram-Gruppe der „Corona Rebellen Düsseldorf“, 17. Februar 2020, 21:14 Uhr]]

Über den Heinsberger Verboket, der offenbar mit Borlinghaus befreundet ist, veröffentlichte Netzpolitik.org im Februar 2020 eine längere Analyse, auf die hier verwiesen sei.18 Verboket unterstützt die „Corona Rebellen Düsseldorf“ seit längerem und tritt auch in einem Hoodie mit dem Logo der Düsseldorfer Pandemieleugner*innen auf.
Borlinghaus und Kwangkhwang sind jenseits der öffentlichen Aktivitäten der CRD auch Teil des engeren sozialen Zusammenhangs, wie Bilder von privaten Treffen, zum Beispiel Ende Dezember 2020, belegen. Zu diesen nichtöffentlichen politischen und sozialen Aktivitäten ist auch die Beteiligung an dem Beitrag von Verboket zu dem Video „Ich mache da nicht mit” von „Rapbellions“ zu zählen.


Abbildung 12 in hoher Auflösung
[Abbildung 12: Private Zusammenkunft von Anhänger*innen der „Corona Rebellen Düsseldorf“ (acht der zehn abgebildeten Personen waren am 29. August 2020 am „Sturm auf den Reichstag“ beteiligt), Screenshot Instagram-Account von Patita Kwangkhwang]

  1. 1 https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/staatsschutz-durchsuchung-reichsbuerger-meerbusch-100.html [zurück]
  2. 2 Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus e.V. (2020): Antisemitismus im Kontext der Covid-19-Pandemie. https://report-antisemitism.de/documents/2020-09-08_Rias-bund_Antisemitismus_im_Kontext_von_covid-19.pdf [zurück]
  3. 3 https://www.tagesschau.de/inland/corona-demo-berlin-131.html [zurück]
  4. 4 Fabian Virchow und Alexander Häusler (2020): Pandemie-Leugnung und extreme Rechte in Nordrhein-Westfalen. https://www.bicc.de/uploads/tx_bicctools/CoRE_Kurzgutachten3_2020.pdf, S. 11/12[zurück]
  5. 5 https://www.mobile-beratung-nrw.de/projekte/prozessbeobachtung-gruppe-s[zurück]
  6. 6 Dennis Pesch (06.12.2020): „Corona-Protest mit rechter Hilfe“. https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2020/12/06/corona-protest-mit-rechter-hilfe_30407[zurück]
  7. 7 Facebook-Profil von Patita Kwangkhwang[zurück]
  8. 8 https://www.virtualnights.com/duesseldorf/event/the-final-dress-up-aftershowparty.2725339[zurück]
  9. 9 Brief Thomas Borlinghaus an Graf-Zeppelin-Kaserne, z. Hd. Hrn. Brigadegeneral Markus Kreitmayr, Graf-Zeppelin-Straße 22, 75353 Calw, vom 27.08.2020. Quelle: Video von FaktenFriedenFreiheit am 17. Februar 2021. https://odysee.com/@FaktenFriedenFreiheit:5/Thomas-Hausdurchsuchung:0[zurück]
  10. 10 Ebd.[zurück]
  11. 11 Ebd.[zurück]
  12. 12 https://taz.de/Franco-A-und-seine-Verbindungen/!5772294/[zurück]
  13. 13 https://www.sueddeutsche.de/politik/bundestag-calw-handy-und-tablet-von-ksk-kommandeur-beschlagnahmt-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-210503-99-452892[zurück]
  14. 14 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Tobias Pflüger, Christine Buchholz, Matthias Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Drucksache 19/2209 vom 27.06.2018. S. 12. https://dserver.bundestag.de/btd/19/030/1903003.pdf[zurück]
  15. 15 „Beschluss des Amtsgericht Düsseldorf in der Ermittlungssache gegen [Name verdeckt] wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Waffengesetz u.a.“ vom 29.01.2021. Quelle: Video von FaktenFriedenFreiheit am 17.02.2021. https://odysee.com/@FaktenFriedenFreiheit:5/Thomas-Hausdurchsuchung:0[zurück]
  16. 16 Ebd.[zurück]
  17. 17 Beschluss des Amtsgericht Neuss in der Gefahrenabwehrsache gegen [Name verdeckt] und [Name verdeckt] wegen des Verdachts des unerlaubten Waffenbesitzes“ vom 11.02.2021. Quelle: Video von FaktenFriedenFreiheit am 17.02.2021. https://odysee.com/@FaktenFriedenFreiheit:5/Thomas-Hausdurchsuchung:0[zurück]
  18. 18 Daniel Laufer: “Attentat in Hanau – Der perfekte Verschwörungstheoretiker”, 24.02.2020. https://netzpolitik.org/2020/der-perfekte-verschwoerungstheoretiker-hanau-whatsapp-sprachnachrichten/ [zurück]
Veröffentlicht unter Antisemitismus, ARCHIV, Pandemieleugnung | Kommentare deaktiviert für „Heimat” in Meerbusch-Nierst: „Corona Rebellen Düsseldorf“, Reichsbürger*innen und „Rapbellions“-Rechts-Rap am Niederrhein