Düsseldorf = Keine nazifreie Zone

In der heutigen Ausgabe der Westdeutschen Zeitung thematisiert ein Artikel die rechte „Szene“ in Düsseldorf.
Darin wird richtigerweise auf die Problematik des Umgangs mit politisch rechts motivierten Straftaten hingewiesen.

Gerne wird von Seiten der polizeilichen Behörden, der Stadtoberen sowie einiger Fraktionen behauptet, dass es in Düsseldorf keine organisierte rechte Szene¹ gebe oder diese zumindest sehr klein sei.
Informationen zu neofaschistischen Aktivitäten werden indes teilweise vorenthalten oder relativiert.

Die gängige Methode zum “schönfärben” von Statistiken, die Straftaten mit extrem rechten Hintergründen erfassen sollten:
Den jeweiligen Delikten wird ein politischer Hintergrund oder eine politische Motivation abgesprochen. Aus einer rassistisch motivierten Gewalttat wird dann mal schnell eine “Schlägerei unter betrunkenen Jugendlichen”.
So kann ein Imageschaden von der “weltoffenen und toleranten Landeshauptstadt” und dem Standort Deutschland abgewendet werden.
Die oben genannte statistische Auswertung politisch motivierter Straftaten erfolgt durch das polizeiliche Erfassungs- bzw. Definitionssystem „Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK). Kritiker_innen, auch aus den Reihen öffentlicher Behörden, bemängeln das rückwirkend zum Januar 2001 eingeführte Erfassungssystem der PMK-Rechts in seiner Definition und Praxis.

Im Dezember wurde eine parteiübergreifende Resolution von den im Stadtrat vertretenen Fraktionen CDU, SPD, Bündnis90/Die Grünen, FDP und DIE LINKE in Düsseldorf zu den grausamen Verbrechen von „Rechtsextremen“ in Deutschland unterzeichnet. In dem Schreiben fordern die Parteien zum Eintritt in eine „Düsseldorfer Initiative gegen Rechtsextremismus“ auf.
Es ist fraglich, ob es sich dabei nicht um ein bloßes Lippenbekenntnis handelt.

Seit Jahren ist die Außenfassade der “Dietrich-Bonhoeffer-Kirche” in Garath mit faschistischen Symbolen und Parolen verunstaltet². Auch an anderen Stellen befindet sich seit längerer Zeit extrem rechte Propaganda in verschiedener Form. Anlass zur Beseitigung der Neonazi-Schmierereien scheint es in Garath dennoch nicht zu geben.

Eine Pressemitteilung der Polizei zum klandestin organisierten Neonaziaufmarsch vom 8. November 2011 in Kaiserswerth existiert bis heute nicht. Immerhin verfasste dazu eine Düsseldorfer Zeitung drei Tage danach einen Artikel. Erst durch antifaschistische Aufklärungsarbeit³ wurden die Anwohner und Anwohnerinnen über den Neonazi-Spuk näher informiert.

So lange die Statistiken über die extreme Rechte weiterhin beschönigt werden, wird es auch keine konstruktive Auseinandersetzung mit diesem Problem geben. Dabei wäre es die Aufgabe von Politik und Behörden, jeder Form von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ernsthaft und konsequent entgegen zu treten. Dass dies nicht geschieht, sagt viel aus über die “deutsche Demokratie” und ihre postfaschistischen Charakteristika.

Ein Engagement, parteinunabhängig als auch außerparlamentarisch, gegen Menschenfeindlichkeit auf allen Ebenen wäre ein anzustrebender gesamtgesellschaftlicher Konsens.

Weitere Informationsmaterialien zur Kritik an dem Erfassungssystem der PMK finden sich unter anderem auf der Homepage der Amadeu Antonio Stiftung, Initiative für Zivilgesellschaft und demokratische Kultur.

AIPD im Januar 2012

¹ http://www.rp-online.de/region-duesseldorf/duesseldorf/nachrichten/hakenkreuz-fahne-im-wohnzimmer-1.2612884
² http://www.die-linke-duesseldorf.de/start/aus_den_stadtteilen/ortsverband_0910/
³ http://antifakok.de/index.php/beitraege/22-antifaschismus/316-pressemitteilung-des-duesseldorfer-buendnis-gegen-den-nazi-spuk

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