Rechtsaußen-Veranstaltung in der Messe Düsseldorf (Updates)

Zu einer Rechtsaußen-Veranstaltung auf dem Düsseldorfer Messegelände lädt der Europaabgeordnete und Landesvorsitzende der AfD Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell, für den 13. Februar ein.
Als „hochkarätige Diskussionsteilnehmer“ werden Funktionär*innen der ‚Alternative für Deutschland‘, der rechtspopulistischen FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) und der slowakischen Partei ‚Sloboda a Solidarita‘ vorgestellt.

Um an der Veranstaltung teilnehmen zu können, muss ein Anmeldeformular ausgefüllt werden, welches in Pretzells „Facebook-Veranstaltung“ verlinkt ist.
In einem Kommentar fragte ein Mann weshalb die Veranstaltung in Düsseldorf stattfindet und fügte hinzu, dass Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg anstehen. Marcus Pretzell antwortete darauf: „Es handelt sich um ECR-Mittel. Wahlkampf ist damit untersagt.“
Anmerkung: Das Kürzel ECR steht für die im Europäischen Parlament vertretene (national)-konservative, EU-kritische und rechtspopulistische Fraktion ‚European Conservatives and Reformists‘.

Updates: 29. Januar 2016

In einem Online-Artikel der NRZ vom 28. Januar 2016 heißt es, dass die Messe Düsseldorf den Mietvertrag mit der Fraktion ‚Europäische Konservative und Reformer‘ (EKR) im Düsseldorfer Congress Center nicht kündigen möchte.[1]

Das Bündnis ‚Düsseldorf stellt sich quer‘ hatte die Rechtsaußen-Veranstaltung in Form einer Pressemitteilung am Donnerstag kritisiert und die Messe und Stadt aufgefordert den Vertrag mit der AfD zu stornieren. Derweil ruft das Bündnis zu Protesten gegen die rechtspopulistische Zusammenkunft auf.
Auch städtische Politiker*innen wie z.B. der Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) und die stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, kritisierten die Veranstaltung und Vermietung.[2] [3]
In einem offenen Brief wandte sich die Düsseldorfer DGB-Chefin Sigrid Wolf am Freitag an den Oberbürgermeister mit der Aufforderung die Veranstaltung abzusagen und den Vertrag aufzulösen, damit „[…] die Stadt und ihre Messegesellschaft ein klares Signal senden [können], dass weiterhin in Düsseldorf kein Platz für rechtes und rassistisches Gedankengut ist“.[4]
Die stadteigene „Düsseldorf Congress Sport & Event GmbH“ (DCSE) hält weiterhin am Mietvertrag mit den Rechtspopulist*innen fest und argumentiert, dass die EKR schließlich die drittgrößte Fraktion im Europäischen Parlament ist.

Zweifelhafter Stargast der Veranstaltung ist allerdings der Bundesparteiobmann der rechtspopulistischen FPÖ, Heinz-Christian Strache.
Die FPÖ gehört der extrem rechten und nationalistischen Fraktion ‚Europa der Nationen und der Freiheit‘ (ENF) an, die wiederum mit 38 Mitgliedern die kleinste von acht Fraktionen im Europäischen Parlament ist.

Die DCSE schaltet sich damit nicht nur indirekt in die aktuelle Debatte über den Umgang mit der AfD ein.[5] Der rechtspopulistischen Partei kommen derartige Positionierungen, die einer Unterstützung gleichen, angesichts des Wahlkampfes zu den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt, mehr als gelegen.

Updates: 11. Februar 2016

Inzwischen mobilisieren die Bündnisse und Initiativen ‚Düsseldorf stellt sich quer‘, der ‚Düsseldorfer Appell‘, ‚Düsseldorf ist bunt‘ und ‚Flüchtlinge willkommen in Düsseldorf‘ für den 13. Februar zu Protesten gegen die Rechtsaußen-Veranstaltung an der Messe Düsseldorf.
Die genannten Initiativen rufen gemeinsam zu einer Demonstration von 14 bis 16 Uhr vor dem Congress Centrum Düsseldorf (CCD) an der Rotterdamer Straße, Stockumer Kirchstraße 61, auf.

Zur Dokumentation blick nach rechts-Artikel „FPÖ-Chef Strache kommt zur AfD“ vom 22.01.2016:

Düsseldorf – Die AfD-Spitze startet einen weiteren Lockerungsversuch nach rechtsaußen.

Für den 13. Februar plant die Partei eine Veranstaltung mit dem Chef der rechtspopulistischen FPÖ, Heinz-Christian Strache, in Düsseldorf. Auch AfD-Sprecherin Frauke Petry soll mit von der Partie sein. Unter dem Motto „Europäische Visionen – Visionen für Europa“ soll die Diskussionsrunde auf dem Messegelände in der NRW-Landeshauptstadt stattfinden.

Neben Strache und Petry werden der Europaabgeordnete und nordrhein-westfälische AfD-Landessprecher Marcus Pretzell und der slowakische EU-Parlamentarier Richard Sulik teilnehmen. Er ist Vorsitzender der Partei „Sloboda a Solidarita“ (SaS, „Freiheit und Solidarität“). In Brüssel gehört Sulik („Ich möchte nicht in einem Europa leben, in dem mehr Muslime als Christen geboren werden“) gemeinsam mit den beiden AfD-Abgeordneten Pretzell und Beatrix von Storch der konservativen EKR-Fraktion an.

Straches FPÖ hingegen bildet im EU-Parlament mit dem französischen Front National, dem belgischen Vlaams Belang, der italienischen Lega Nord, der niederländischen Partij voor de Vrijheid und dem polnischen Kongress der Neuen Rechten eine deutlich weiter rechts stehende Fraktion.

Erkennbar geworden waren Petrys Lockerungsversuche gegenüber der FPÖ bereits im vorigen September, als sie der rechtspopulistischen Partei nach einem Erfolg bei der Landtagswahl in Oberösterreich ganz offiziell zu ihrem „überragenden Wahlerfolg“ gratulierte. Ein Jahr zuvor war sie noch auf Distanz gegangen, als mehrere Kandidaten der AfD den FPÖ-Politiker Andreas Mölzer zu einem Auftritt im sächsischen Landtagswahlkampf eingeladen hatten. (rr)

Zur Dokumentation blick nach rechts-Artikel „AfD: Kursausrichtung weiter rechts“ vom 11.02.2016:

Die Fraktionsspitze der „Europäischen Konservativen und Reformer“ im EU-Parlament geht auf Distanz zu den beiden verbliebenen AfD-Vertretern – der Abgeordnete Marcus Pretzell wirbt mit dem Logo der EKR für eine Veranstaltung am Samstag in Düsseldorf, auf der der FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auftritt.

Beatrix von Storch, so schreibt der britische „Guardian“, muss in der nächsten Woche bei ihrem Fraktionschef Syed Kamall zum Rapport erscheinen. Erklären soll die Europaabgeordnete und Vizevorsitzende der AfD, warum genau sie vor zwei Wochen im Gefolge ihrer Parteichefin Frauke Petry den Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge an der Grenze rechtfertigte.

Schnell hatten von Storchs Facebook-Einträge, denen zufolge sie anfangs Waffengewalt sogar gegenüber Kindern befürwortet hatte, auch unter den britischen Konservativen die Runde gemacht. Sie waren not amused. Die Torys sind die stärkste Kraft in der Fraktion der „Europäischen Konservativen und Reformer“ (EKR) im EU-Parlament. In ihr sind zudem Konservative anderer Länder sowie eine Reihe rechtspopulistischer Abgeordnete zusammengeschlossen, darunter die beiden AfD-Vertreter von Storch und Marcus Pretzell. Wie lange das AfD-Duo dort noch mitmischen darf, ist offen. Tory-Abgeordnete jedenfalls stünden unter wachsendem Druck, ihre Verbindungen zur AfD zu kappen, heißt es im „Guardian“, der titelt: „Tory MEPs under pressure to ditch Alternative für Deutschland“. Einige Konservative wollten die beiden deutschen Abgeordneten sofort vor die Tür gesetzt sehen. Aber die Fraktionsspitze rund um Kamall will von Storch die Gelegenheit für Erläuterungen einräumen. Inzwischen rudert die Berlinerin zurück und bezeichnet ihre Äußerungen als „Fehler“. Ob der Kotau ausreicht, um einen Rauswurf abzuwenden, ist erst einmal offen.

Keine Scheu mehr vor der FPÖ

Wenig erfreut sein dürfte die EKR-Spitze derzeit auch über eine Einladung, mit der Pretzell für eine von ihm vorbereitete Veranstaltung in Düsseldorf wirbt. In einem Kongresssaal auf dem Messegelände soll es am Samstagnachmittag um „Europäische Visionen – Visionen für Europa“ gehen. Das Logo der EKR prangt auf der Einladung; Gastgeber Pretzell spricht von einer EKR-Veranstaltung. AfD-Chefin Petry und der Slowake Richard Sulik sollen kommen. Sie sind (noch) EKR-kompatibel. Als Redner wird aber auch Heinz-Christian Strache erwartet, der Vorsitzende der FPÖ. Seine Partei bildet im Europaparlament unter anderem mit dem französischen Front National (FN) von Marine Le Pen, der niederländischen Partij voor de Vrijheid (PVV) von Geert Wilders, der italienischen Lega Nord (LN) und dem belgischen Vlaams Belang (VB) eine deutlich radikalere Fraktion namens „Europa der Nationen und der Freiheit“ (ENF) – eine Gesellschaft, in der britische Konservative keinesfalls geraten wollen.

Das Zusammentreffen von Petry und Strache symbolisiert den Wandel, den die AfD seit einem knappen Jahr durchgemacht hat. Bis in den letzten Sommer hinein war zumindest parteioffiziell noch eine strikte Abgrenzung zu Parteien wie der FPÖ angesagt. So stießen zum Beispiel kurz vor der Landtagswahl in Sachsen im Spätsommer 2014 drei Leipziger AfD-Kandidaten auf den Widerstand ihrer Parteioberen, als sie den FPÖ-Rechtsaußen Andreas Mölzer zu einer Vortragsveranstaltung einluden. Auch auf den Widerspruch von Frauke Petry: Die „Leipziger Volkszeitung“ wusste gar von einem „Machtwort“ der AfD-Chefin gegen die Veranstaltung zu berichten.

Die Zeiten solcher Machtworte gegen Anbändeleien mit österreichischen Rechtspopulisten sind inzwischen offenbar passé. Exakt einen Monat vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt scheut die zwar starke, aber unter Druck von noch weiter rechts geratene AfD-Vorsitzende den gemeinsamen Auftritt mit dem FPÖ-Parteiobmann nicht mehr.

„Torys können keine Partner sein“

Atmosphärisch hat sie ihn sogar selbst mit vorbereitet: Im vorigen Sommer schickte sie freundliche Töne gen Wien und gratulierte anlässlich eines Wahlerfolgs der FPÖ im Bundesland Oberösterreich zu einem „grandiosen Wahlsieg der FPÖ“. Auf den Einwand, ob es nicht ein Widerspruch sei, einerseits eine Partei zu beglückwünschen, die gemeinsame Sache mit dem Front National mache, andererseits sich um eine Abgrenzung zu nationalistischem Gedankengut zu bemühen, antwortete sie, wie sie es oft tut, nicht in der Sache, sondern nur mit einer Gegenfrage; „Sind 30 Prozent der Österreicher jetzt rechtsextrem???“ Damit hatte sie – abgesehen von inhaltlichen Gemeinsamkeiten – ein zweites Motiv für ihre FPÖ-Freundlichkeiten durchschimmern lassen: Eine rechtspopulistische Kraft, die in ihrem Land etwa ein Drittel der Wählerschaft mobilisieren kann, muss geradezu ein Vorbild für die neue AfD sein.

Man werde in Düsseldorf, so heißt es auf der Internetseite der Bundes-AfD, „die Gelegenheit geben, sowohl die unterschiedlichen Ausrichtungen der vertretenen Euro- und EU-skeptischen Parteien von liberal bis sozial-konservativ zu vergleichen als auch gemeinsame Ideen zur Gestaltung eines zukünftigen europäischen Miteinanders zu diskutieren, die deutlich über die Einigkeit in der Ablehnung des derzeitigen Euro- und EU-Kurses in Europa hinausgehen“.

Womöglich wird man auch etwas hören können zur europäischen Bündnispolitik der AfD. Dass Gastgeber Pretzell mit britischen Konservativen unter einem (Fraktions-)Dach verbringen muss, war weder Herzens- noch Kopfentscheidung. Ex-Parteichef Bernd Lucke hatte es so gewollt – und damals noch die Macht gehabt, seinen Willen auch gegen Pretzell durchzusetzen. Bevor ihn die Delegierten eines Bundesparteitags als Kandidaten nominierten, hatte Pretzell ihnen erläutert: „Da ist für mich vollkommen klar, dass die Torys als eine Partei, die mit germanophoben Parteien wie der ODS und Benes-Dekrete-Befürwortern in Tschechien zusammenarbeitet, die zum Beispiel mit der PiS von Herrn Kaczynsky zusammenarbeitet, der auch mit antideutschen Ressentiments in Polen spielt und Wahlkampf betreibt, dass das keine Partner für uns sein können.“ Kurz und knapp: „Für die Torys stehe ich nicht zur Verfügung.“ Er tat es dann aber doch, fügte sich der Mehrheit in der anfänglichen Siebener-Gruppe der AfD im Europaparlament, die von Lucke und seinen Anhängern dominiert wurde.

FPÖ auf der Suche nach neuen Bündnispartnern

Grenzüberschreitungen Pretzells waren aber nie ausgeschlossen. So etwa als er kurz vor der Europawahl in Köln gemeinsam mit dem UKIP-Chef Nigel Farage bei einem Kongress in Köln auftrat. Organisiert wurde das Treffen in der Domstadt von Sven Tritschler, damals Landesvorsitzender der „Jungen Alternative“ in NRW. Tritschler hat auch diesmal die Hände im Spiel. Mittlerweile ist er zu einem der akkreditierten Assistenten von Pretzell im EU-Parlament aufgestiegen. Eine seiner aktuellen Aufgaben: unliebsame Teilnehmer der Düsseldorfer Veranstaltung aussieben. Rechtspopulisten aus dem Ausland: ja; exponierte Rechtspopulisten und andere Rechtsextremisten aus Deutschland, soweit sie der AfD nicht angehören: nein. „Pro NRW“-Vize Dominic Roeseler etwa beschwerte sich über eine Ausladung, sein Vorstandskollege Timo Pradel ebenfalls, und der nach eigenen Angaben aus der Neonazi-Szene ausgestiegene Axel Reitz ist ebenfalls nicht erwünscht.

Und FPÖ-Chef Strache? Lange war seine Partei auf der Suche nach Bündnispartnern im einwohnerstärksten Land Europas. Einige Funktionäre haben es mit den erfolglosen Republikanern versucht, andere mit „pro NRW“ und „pro Köln“. Fast zehn Jahre ist es her, da stand Strache selbst mit „pro NRW“ in Köln auf der Straße. Doch die Zeiten sind vorbei, rechte Splittergruppen sind raus aus dem Spiel der Großen. Die Karawane ist weitergezogen. Es brauche eine starke AfD in Deutschland, erklärte Strache unlängst und empfahl nebenbei eine Zusammenarbeit mit Pegida. Sein Adlatus, der Europaabgeordnete Harald Vilimsky erging sich jüngst in Andeutungen zur Entwicklung seiner ENF-Fraktion: „Es klopfen bereits weitere Nationen an unsere Tür.“ Ihn freue, dass es gelungen sei, zu anderen rechten oder „zu einzelnen Mitgliedern dieser Fraktionen, sehr gute Gesprächsinhalte zu finden, eine gemeinsame Zukunft anzudenken“. In Düsseldorf wird in diesem Sinne weiter angedacht.

  1. [1] http://www.derwesten.de/nrz/staedte/duesseldorf/messe-duesseldorf-will-rechtspopulisten-treffen-nicht-absagen-id11504389.html [zurück]
  2. [2] http://www.report-d.de/Duesseldorf/Aktuelles/Duesseldorf-Congress-vermietet-an-Rechtspopulisten-Vorn-hetzt-AfD-Chefin-Petry-hinten-wohnen-Fluechtlinge-53910 [zurück]
  3. [3] http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/kritik-an-kongress-mit-afd-chefin-im-messe-center-aid-1.5726825 [zurück]
  4. [4] http://www.wz.de/lokales/duesseldorf/dgb-fordert-stadt-soll-keine-raeume-an-die-afd-vermieten-1.2111212 [zurück]
  5. [5] http://www1.wdr.de/themen/politik/kraft-afd-100.html [zurück]
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