In Düsseldorf fand am 22. April 2023 eine Demonstration vom sogenannten „Friedensbündnis NRW“ mit dem Motto „Wir wollen Frieden – Diplomaten statt Granaten! Verhandeln! Jetzt!“ statt. Dies war bereits die dritte Veranstaltung dieser Art in der Landeshauptstadt. Das Ende Januar 2023 gegründete Bündnis besteht derzeit aus 16 Gruppierungen und Kleinstparteien, die sich oftmals nur aus wenigen Personen zusammen setzen.
Das „Friedensforum Düsseldorf“ wird zum Beispiel als Bestandteil des „Friedensbündnis NRW“ aufgeführt, hatte sich aber aufgrund des Beitritts zu diesem Organisationszusammenhang gespalten: Mehrere Personen im „Friedensforum Düsseldorf“ waren mit der offenkundigen Nähe des „Friedensbündnisses NRW“ zu extrem rechten Inhalten nicht einverstanden.
Am Samstag, den 22. April, versammelten sich ca. 245 Personen auf dem Burgplatz, um verschiedenen Redebeiträgen zuzuhören. Dabei sprach unter anderem der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko. Der „Linken“-Politiker gilt als ein Vertrauter Sahra Wagenknechts und wurde von der „dieBasis“-Politikerin Mona Aranea anmoderiert.
Andrej Hunko auf dem Burgplatz am 22.04.2023
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Aranea ist zugleich Sprecherin der „APO Düsseldorf“, die eine zentrale Funktion innerhalb des „Friedensbündnisses NRW“ einnimmt. Die „APO Düsseldorf“ war im Dezember 2021 faktisch aus der Gruppierung „Querdenken 211“ bzw. „Querdenken NRW“ um den extrem rechten Akteur Ingo Marks hervorgegangen.
Mona Aranea, die zunächst vor „Impfpflicht“ sowie „Corona-Diktatur“ warnte und die Pandemie bagatellisierte, teilt auch weiterhin diverse Verschwörungserzählungen, etwa in sozialen Medien. In ihrem Telegram-Kanal bediente sie sich am 3. April 2023 beispielsweise eines antisemitischen „Dogwhistles“: So bezeichnete sie eine vermeintliche „De-Industrialisierung der Deutschen Wirtschaft“ als „Morgenthauplan 2.0“. Henry Morgenthau jun. war amerikanischer Politiker aus einer jüdischen Familie und entwarf während des zweiten Weltkrieges Pläne für eine deutsche Nachkriegsordnung.
Bisherige Veranstaltungen vom „Friedensbündnis NRW“ in Düsseldorf
Am 11. Februar 2023, bei der ersten Veranstaltung des „Friedensbündnisses NRW“, trat der langjährige „Friedensaktivist“ Reiner Braun auf dem Corneliusplatz vor etwa 550 Teilnehmenden in Düsseldorf auf.
Braun war integral für die deutsche „neue Friedensbewegung“, die sich nach der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Frühjahr 2014 durch Russsland bildete. Braun verteidigte damals die antisemitischen Äußerungen des Verschwörungsideologen Ken Jebsen und suchte gewissermaßen die Nähe zu anderen friedenspolitischen Akteur*innen des verschwörungsideologischen und rechtsoffenen bis extrem rechten Spektrums.
Reiner Braun am 11.02.2023 auf dem Corneliusplatz in Düsseldorf
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Michael Aggelidis, Landesvorstandmitglied der rechtsoffenen und verschwörungsideologischen Kleinpartei „dieBasis NRW“, war ein weiterer Redner am 11. Februar. Aggelidis bezeichnete die ukrainische Regierung als „Kiever Regime“ und schimpfte über eine gehisste USA-Flagge auf dem Rheinmetall-Platz. Diese sei eine „Herrschaftsflagge über Deutschland“ und es sei „Aufgabe der deutschen Friedensbewegung, für die politische Souveränität dieses Deutschlands einzustehen.“
Bei der zweiten Veranstaltung des „Friedensbündnisses“ am 25. März 2023 trat mit Diether Dehm ein Linken-Politiker in Düsseldorf auf, der dem Partei-Flügel um Sahra Wagenknecht zuzuorden ist. Der „Musikproduzent“ trug dem Düsseldorfer Publikum (von ca. 360 Interessierten) auf dem Corneliusplatz seine Komposition von „Ami go home“ vor. Dehm fiel zuletzt schon mehrfach durch fehlende Distanz zur extremen Rechten auf: Beispielsweise ließ er sich für die März-Ausgabe des extrem rechten und verschwörungsideologischen „Compact-Magazins“ interviewen.
Diether Dehm am 25.03.2023 auf dem Corneliusplatz
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Özenç Aslan von der Kleinpartei „Team Todenhöfer“ (Landesvorstandsmitglied Rheinland-Pfalz) war ein weiterer Redner an diesem Tag. Aslan trat im Mai 2021 als Redner auf einer israelfeindlichen Veranstaltung in Kassel auf.
Bei den vergangenen Veranstaltungen des „Friedensbündnis NRW“ wurden beispielsweise Propagandamaterialien des extrem rechten Internetsenders „AUF-1-TV“ verteilt. Beworben wurden zudem weitere extrem rechte Internetseiten. Auch sind immer wieder Banner des Verschwörungsideologen Daniele Ganser zu sehen.
Teilnehmende präsentieren Materialien des Verschwörungsideologen Daniele Ganser am 11.02.2023
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Teilnehmer hält ein Schild mit Kreml-Propaganda auf dem Corneliusplatz am 25.03.2023
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Teilnehmer trägt T-Shirt extrem rechter Kleinpartei „Freie Sachsen“ bei „Friedensbündnis NRW“-Demo am 22.04.2023
© twitter.com/Alerta0211
Querfront und konformistische Rebellion, auch ohne offizielle Kreml-Unterstützung
Am 21. April erschien in der „Washington Post“ ein investigativer Artikel zu Querfront-Plänen in Deutschland: Der Zeitung liegen nach eigenen Angaben vertrauliche Dokumente vor, nach denen die russische Regierung Einfluss auf parlamentarische sowie außerparlamentarische Politik in Deutschland nehmen wolle – durch Unterstützung einer „Friedens-Allianz“ von AfD und Linkspartei. Mit Blick auf Düsseldorf ist eine solche „Querfront“ zwischen „Die Linke“ und AfD derzeit nicht zu erkennen. AfD-Politiker*innen scheiterten in der Landeshauptstadt bereits mit ihren Versuchen, Einfluss auf die Proteste gegen die Coronamaßnahmen zu nehmen. Das „Friedensbündnis NRW“ distanziert sich formal von der AfD. Die Teilnehmer*innen der Demonstration zeigten jedoch auch ohne eine direkte Unterstützung von Kreml und AfD mittels Transparenten, Sprechchören und St. Georgs-Bändern, dass sie hinsichtlich des Angriffskrieges gegen die Ukraine aufseiten autoritärer und damit vor allem russischer Staatsinteressen stehen.
Banner „Aachener Friedensfreunde“ mit Sankt-Georgs-Band am 22.04.2023
© Antifa Infoportal Düsseldorf
Hintergrund dieser autoritär-masochistischen Unterwerfungsgesten dürften jene antiamerikanischen, antisemitischen und nationalistischen Ressentiments sein, die schon Wolfgang Pohrt an der deutschen Friedensbewegung der 1980er-Jahre kritisiert hat. Der antimoderne russische Staat mit seiner homosexuellenfeindlichen,autoritären und aggressiv nationalistischen Politik stellt heute einen „Sehnsuchtsort“ für alle Arten konformistischer Rebellion in Deutschland dar: Die Anhänger*innen des „Friedensbündnis NRW“ scheinen hierbei keine Ausnahme zu bilden.
Die Input-Veranstaltung am 14. Juni 2023 befasst sich mit den „Positionen der extremen Rechten zu Krieg und Frieden„. Der Vortrag des Historikers Volker Weiß findet an der Hochschule Düsseldorf statt.
