Extrem rechte „Ami go home!“-Demo am 4. Dezember in Düsseldorf

Seit Anfang November 2022 wird in den sogenannten Sozialen Medien eine demonstrative Aktion der extremen Rechten unter dem Motto „Ami go home!“ beworben, die am Sonntag, 4. Dezember 2022, in der Mittagszeit auf dem Bertha-von-Suttner-Platz in räumlicher Nähe zum US-Generalkonsulat Düsseldorf stattfinden soll. Geplant ist offenbar, nach einer Auftaktkundgebung zum Generalkonsulat der Ukraine in Düsseldorf an der Immermannstraße zu demonstrieren. Inwieweit dieses Vorhaben bereits mit der Versammlungsbehörde abgeklärt wurde, ist unbekannt.

Die Versammlung wird maßgeblich vom 53-jährigen Düsseldorfer Neonazi-Hooligan Carolus Flach organisiert, in der Szene als „Flecky“ bekannt. Der aus den Niederlanden stammende Ex-Soldat war in den 00er Jahren für die NPD im Kreis Kleve aktiv (er lebte damals in Uedem bei Goch im Kreis Kleve) – bevor er offenbar nach Düsseldorf zog. Während der Phase der rassistischen DÜGIDA-Aufmärsche 2015 fiel er öfter durch körperliche Angriffe auf Gegendemonstrant*innen auf und wurde mehrmals in Gewahrsam genommen. Strafrechtlich hat er einiges an Verurteilungen angesammelt. Erwartungsgemäß nicht zuletzt wegen diverser Körperverletzungsdelikte. Und offenbar auch wegen mehrerer Drogendelikte.
In den letzten Jahren versuchte sich Flach erfolglos an der Gründung diverser Kleinstgruppen und Vernetzungsstrukturen wie beispielsweise „Sturmbrigade 44 NRW“, „Defend NRW“, „Defend Düsseldorf“ und „Hooligans Europe United“ (HEU), die allesamt wirkungslos blieben. Dennoch versucht sich „Flecky“ immer mal wieder an einer Wiederbelebung. Für gelegentliche, kleinere demonstrative Auftritte mit Teilnehmer*innenzahlen im unteren zweistelligen Zahlenbereich reichte es. In Düsseldorf trat Flach zuletzt am 13. September 2022 mit „Defend Düsseldorf“-Banner bei einer etwa 30-köpfigen Kundgebung von Impfgegner*innen und Pandemieleugner*innen vor dem NRW-Innenministerium auf. Aktuell firmiert er offenbar wieder unter dem Logo der eigentlich bereits von ihm aufgelösten „Hooligans Europe United“.

Carolus Flach auf einer Kundgebung am 13.09.2022 in Düsseldorf

 

„Breit und bunt“?

„Ein breites und buntes Bündnis mobilisiert für den 04.12.2022 Zum US-Konsulat um gemeinsam für Frieden, Freiheit und ein souveränes Deutschland einzustehen.“ [Fehler im Original] So heißt es in einem Aufruftext, der auch in den Telegram-Gruppen der „Corona Rebellen Düsseldorf“ (CRD) und der „Freien Düsseldorfer“, die sich im Wesentlichen aus der Kern-Crew der CRD zusammengefunden haben, verbreitet wird. In einem längeren Video, das durch die Sozialen Medien geistert und zur Demo mobilisiert, ist „Killuminati 4.0“ von Ukvali zu hören, das zahlreiche antisemitische Verschwörungserzählungen aneinanderreiht. In anderen Aufrufen sind Parolen wie „Kein Geld für [den] Wiederaufbau [der] Ukraine!!! Ahrtal zuerst!!!“ zu finden.
Folgt man den Logos der „Bündnis“-Gruppen auf den Sharepics, mit denen „Fleckys“ HEU-Aktion am 4. Dezember beworben wird, so wird die „Ami go home!“-Aktion von fünf Gruppierungen unterstützt. Unter den Unterstützerinnen bzw. Kooperationspartnerinnen zu finden sind u.a. die „Ruhrpottlöwen“ aus Essen und die „Orga Gelsenkirchen-Buer“, beide im Spektrum der Pandemieleugner*innen angesiedelt und Veranstalter eigener Demonstrationen, aus deren Reihen Carolus Flach sich offenbar für den 4. Dezember Zulauf verspricht. Weiterhin taucht als Unterstützerin die im „Reichsbürger“-Milieu aktive Gruppierung „Verfassungsgebende Versammlung Deutschland“ auf, die auch unter den Bezeichnungen „Deutschland 276“ oder „Bundesstaat Deutschland“ auftritt. Ebenso am 4. Dezember dabei sein möchte die extrem rechte und verschwörungsgläubige Gruppe „Klartext 20/21“, die dem Spektrum der „Reichsbürger“ nahesteht. Hauptakteur dieser Gruppe ist Dieter Bartsch aus dem Kreis Düren. Im ersten Jahr der Pandemie trat Bartsch häufig als Redner bei Veranstaltungen der „Corona Rebellen Düsseldorf“ und „Querdenken 211“ sowie eigenen, zumeist kleineren Kundgebungen auf. Am 23. Januar 2021 führte „Klartext 20/21“ als Protest gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie eine Kundgebung in Düsseldorf durch – teilweise zeitlich parallel zu einer „Querdenken“-Aktion. Dem Aufruf folgten etwa 130 Personen, darunter auch militante Neonazis und rechte Hooligans, unter ihnen eine 16-köpfige „Hooligans Europe United“-Gruppe um „Flecky“, die vor Kundgebungsbeginn vom Hauptbahnhof aus eine Mini-Demo zum Kundgebungsplatz durchgeführt hatte. [1][Quelle: LOTTA #82, Seite 37] Nach der Teilnahme an einer neonazistischen Demonstration am 20. März 2021 in Berlin war sowohl von „Klartext 20/21“ als auch von HEU, dessen Frontmann „Flecky“ aus Teilen der rechten Hooliganszene angefeindet wurde – nicht zuletzt aufgrund der großspurigen Namensgebung seiner Gruppierung – kaum noch etwas zu hören.[2]https://www.belltower.news/berlin-war-ein-totalausfall-die-gescheiterte-neonazi-demo-in-berlin-113435/ Und natürlich darf auf dem Aufruf zum 4. Dezember auch das Logo des inaktiven extrem rechten Hooligan-Netzwerks „Gemeinsam stark Deutschland“ nicht fehlen, einer Abspaltung der schon vor Jahren aufgelösten „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa).

 

Revival von „Ami go home!“?

Antiamerikanismus ist aktuell wieder zunehmend auf Demonstrationen zu beobachten, und das bundesweit. Hierbei war zuletzt beispielsweise ein Motiv zu sehen, das als zentrales visuelles Element der „Ami Go Home“-Kampagne dient.

Teilnehmer mit „Ami go home“-Fahne auf der rechtslastigen und verschwörungsideologischen „NRW erwacht!“-Demo am 13. 11.2022 in Düsseldorf

Initiator dieser Kampagne ist Jürgen Elsässer, Gründer und Chefredakteur des extrem rechten und antisemitischen Monatsmagazins „Compact“. Elsässer und seine extrem rechte Entourage planen für den 26. November 2022 unter gleichnamigem Slogan eine bundesweite „Großdemonstration“ in Leipzig, die vor dem dortigen US-Konsulat stattfinden soll. Als „Überraschungsgast“ soll offenbar der faschistische Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke auftreten.
Antiamerikanismus ist aber auch in Teilen der linken „Friedensbewegung“ verbreitet. Und zwar in denjenigen, die russische Propaganda-Narrative teilen. Bei linken Antiimperialist*innen ist Antiamerikanismus inhärenter Bestandteil ihrer Geschichte und Agitation. Bekanntes Beispiel, an das die „Ami Go Home“-Kampagne Elsässers zwangsläufig erinnert, ist das gleichnamige Lied gegen den Korea-Krieg und US-amerikanische Atomwaffen aus dem Jahr 1950. Hans Eissler arrangierte den Text von Ernst Busch zu der Melodie eines Liedes aus dem amerikanischen Bürgerkrieg. Auf einer rechtsoffenen „Friedensdemo“ am 5. November 2022 auf dem Berliner Alexanderplatz trat der „Die Linke“-Politiker Diether Dehm auf und trug dort seine eigene Komposition „Ami go home!“ vor. Dehm ist dem Partei-Flügel von Sahra Wagenknecht zuzuordnen und fiel in der Vergangenheit mehrfach durch fehlende Distanz zu Rechtsaußen und Antisemit*innen auf.[3]https://www.jfda.de/post/antisemitismus-und-auftritt-von-dieter-dehm-auf-anti-demo Erst in der vergangenen Woche wurde gegen ihn ein Parteiausschluss beantragt.[4]https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/linke-dieter-dehm-parteiausschluss-101.html Auch auf der Düsseldorfer „Solidarischer Herbst“-Demonstration am 22. Oktober 2022 trugen einige Personen in ver.di-Westen Schilder mit der Aufschrift „Ami go home“ mit sich.


„Ami go home“-Schild auf der „Solidarischer Herbst“-Demo am 22.10.2022 in Düsseldorf
© Roland Geisheimer

 

Ausblick

Dass Personen wie „Flecky“ ernsthaft auf ein linkes Publikum orientieren, dürfte indes nahezu ausgeschlossen sein. Ebenso, dass es ihm gelingt, am 4. Dezember 2022 eine – so ist es nach dem Leipziger Vorbild angekündigt – „Großdemo“ auf die Straße zu bringen. Nicht auszuschließen ist jedoch, dass er neben seinen wenigen gewaltaffinen Hool- oder Möchtegernhool-Freunden Personen aus dem Rechtsaußen-Spektrum der Pandemie-Leugner*innen und aus dem offenbar zahlenmäßig immer stärker werdenden „Reichsbürger“-Milieu mobilisieren kann. Allerdings gibt es am 4. Dezember Konkurrenz für „Flecky“ und Co.: Der ehemalige „pro NRW“-Chef Markus Beisicht will an diesem Tag in Köln mit seiner extrem rechten Vereinigung „Aufbruch Leverkusen“ auf die Straße gehen. Er wird u.a. unterstützt von der neonazistischen Kleinpartei „Die Rechte“, zudem sollen sich russische Nationalist*innen angekündigt haben.
In Köln wird seit Wochen antifaschistischer Gegenprotest mobilisiert. Auch in Düsseldorf sollten antifaschistische Strukturen den Tag nicht der extremen Rechten überlassen.

References

References
1 [Quelle: LOTTA #82, Seite 37]
2 https://www.belltower.news/berlin-war-ein-totalausfall-die-gescheiterte-neonazi-demo-in-berlin-113435/
3 https://www.jfda.de/post/antisemitismus-und-auftritt-von-dieter-dehm-auf-anti-demo
4 https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/linke-dieter-dehm-parteiausschluss-101.html
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